Webcam im Kühler kommt im Herbst
Wenn von der Kamera im vernetzungsfähigen Kühlgerät die Rede ist, reichen die Gemütszustände in der bundesdeutschen Bevölkerung von Begeisterung bis Fassungslosigkeit. Kaum eine technische Idee im Haushalt erhitzt so die Gemüter und kaum ein Thema wird kontroverser betrachtet als die Webcam zwischen Käse, Kondensmilch, Kartoffeln und Karotten. Ob man dieses Angebot nun herbeisehnt oder nicht – die Kühlschrankkamera wird kommen. Und das sehr konkret: Voraussichtlich im Herbst 2015 bei Bosch und Siemens. Die „Kopf-unten“-Generation bekommt damit eine weitere mobil zu erledigende Aufgabe: von unterwegs zu checken, was der heimische Kühler an Zutaten fürs nächste Mal noch so hergibt.
Die Verantwortlichen der BSH-Marken freuen sich unumwunden, als erster Anbieter diesen technischen Meilenstein zu setzen. An anderer Stelle hält sich die Begeisterung für dieses spezielle Vernetzungsthema arg in Grenzen. Günter Sproll, Marketingleiter beim Kühlgeräte-Spezialist Liebherr, hält die Kamera im Kühlschrank allenfalls für einen „netten Gimmick“, einen konkreten Kundennutzen sieht er in dieser Funktion nicht. Und da es bei Liebherr „keine Produkte ohne Kundennutzen“ geben soll, winkt er ab. „Die Kamera im Kühlschrank wird es bei uns nicht geben“, stellt er klar. Zumal frage er sich, wie viele Linsen ein solches Gerät den benötige. Denn mit einer einzigen Kamera ließe sich der komplette Geräteinhalt kaum erschließen - angesichts verschiedener Ebenen, Klima-Schubladen und Frischhalte-Behältern. Der Kamera im Kühler mag Günter Sproll ablehnend begegnen, dem Thema Vernetzung insgesamt steht auch er offen gegenüber. Liebherr arbeite längst an konkreten Lösungen. Aber „mit praktischem Nutzen“, wie er betont. Als Stichwort nennt Sproll das Thema „Sicherheit“ – also wie die vernetzte Technik helfen kann, dass die Kühlgerätetür auch wirklich geschlossen ist, wenn sie geschlossen sein soll.
Offensive mit „Home Connect“
Am offensivsten bearbeiten die BSH-Marken Bosch und Siemens bei der „Connectivity“ den Markt. Bereits seit Ende 2014 ist die herstellerneutrale App „Home Connect“ erhältlich. Damit lassen sich z.B. bei Bosch aktuell Geschirrspüler sowie Backöfen der neuen Serie 8 per Smartphone und Tablet bedienen. Kaffeevollautomaten, Waschmaschinen und die erwähnten Kühlgeräte folgen in Kürze.
Auf die Technik per „Home Connect“ setzt naturgemäß auch Konzernschwester Siemens und bietet Backöfen, Geschirrspüler und auch Dampfbacköfen der iQ700-Einbaugerätereihe in der vernetzungsfähigen Version an. Ab März 2015 gibt es diese auch als studioLine-Version für zertifizierte Partner aus dem Möbel- und Küchenfachhandel. Über die reine Vernetzung hinaus bietet die von der BSH entwickelte App zusätzliche Services, beispielsweise ein mit den Öfen interagierendes Kochbuch, mobile Einkaufslisten, Bedienungsanleitungen in Video, Bild und Text oder die Direktverbindung zum Kundendienst. Diese werden regelmäßig gratis aktualisiert und erweitert. „Wir haben uns in den letzten Jahren eine Pole Position erarbeitet und können heute stolz behaupten: Kein anderer Hausgerätehersteller ist in puncto Vernetzung weiter als wir“, unterstreicht Roland Hagenbucher, Geschäftsführer der Siemens-Electrogeräte GmbH, selbstbewusst.
Roter Faden bei Miele
Eine Meinung, die bei Miele wohlwollend formuliert als „exklusiv“ betrachtet werden dürfte, denn die Gütersloher nehmen für sich die Vorreiterrolle ebenfalls in Anspruch, wenngleich anders formuliert. Schließlich habe man bereits seit 1998 mit dem Service „InfoControl“ seine ersten vernetzten Hausgeräte präsentiert. Heute verweisen die Verantwortlichen gern auf den Fakt, bereits 400 vernetzungsfähige Geräte im Programm zu haben. Und dass sich das Thema Vernetzung „wie ein roter Faden durch alle Miele-Produktgruppen zieht“, wie Frank Jüttner, Leiter der Miele Vertriebsgesellschaft Deutschland betont. Die für Anfang 2015 angekündigte App Miele@mobile, mit der sich Miele-Geräte mobil steuern und kontrollieren lassen, ließ zur LivingKitchen indes noch auf sich warten. Deren „Freischaltung“ in den Stores von Apple und Google wurde auf der LivingKitchen für Mitte Februar erwartet.
Ideen von Teka und Bauknecht
Vernetzungspläne reifen auch bei Teka und Bauknecht. Der Teka-Konzern will im Spätherbst 2015 das App-gesteuerte Konzept iKitchen vorstellen – mit den Bestandteilen Ofen, Kochfeld und Haube. Auf der LivingKitchen gab die deutsche Vertriebsgesellschaft TDV einen ersten Eindruck, wie das konkret aussehen könnte.
Ebenfalls im Prototypenstatus befinden sich mehrere Vernetzungsideen von Bauknecht. Allerdings noch im Geheimen. In Köln ausgestellt wurde nichts – abgesehen von einem Kochfeld mit interaktivem TFT-Display, das schon auf der Küchenmeile viel Anklang fand. „Interactive Cooktop“, nennt sich ein weiteres Zukunftsprojekt, das unter anderem die Social Media-Profile seiner Benutzer integriert. Jetzt hat die Facebook Community von Bauknecht über neue Features entschieden – und der Hausgerätehersteller bringt dem Interactive Cooktop bei, Zutaten zu wiegen, den Kühlschrankinhalt im Auge zu behalten und gegebenenfalls fehlende Lebensmittel online zu bestellen. Auf der LivingKitchen präsentierte Bauknecht das Zukunftskonzept erstmals mit allen neuen Funktionen. Bauknecht-Marketingdirektor Jan Reichenberger kündigte vernetzungsfähige Geräte in Serienreife für die IFA 2015 an.
www.siemens-home.de
www.bosch-home.de
www.miele.de
www.liebherr.de
www.tdv-de.com
www.bauknecht.de