Mobiles Mobiliar: Auf Knopfdruck Komfort
Es scheint so, als habe die AMK mit der Einführung des „ergonoMeters“ 2012 und dem damit verbundenen neuen Nachdenken über Ergonomie in der Küche eine Art Initialzündung bewirkt: Wichtiges Thema mehrerer Küchenmöbel-Hersteller auf der LivingKitchen 2013 waren Höhenverstellsysteme, die höchst komfortabel ergonomische Arbeitshaltungen für alle Tätigkeiten einnehmen lassen. Vielleicht liegt die Thematik aber auch einfach „in der Luft“ – in Mannheim und andernorts. Es steht jedenfalls fest: Kriterien wie Funktionalität, Komfort, Gesundheit und Nachhaltigkeit auch in der Nutzung fließen in modernem Produktdesign immer häufiger zu einer Einheit zusammen.
Bisher wurde die auf das ermittelte individuelle Höhenmaß abgestimmte ergonomische Arbeitsplatzgestaltung vornehmlich mit unterschiedlichen Korpus- und Sockelhöhen sowie Arbeitsplatten-Dicken realisiert. Jetzt also erweitert in verstärktem Maß moderne Technik den Planungsspielraum für maßgenaue Ergonomie. Gleich fünf Küchenmöbel-Anbieter – Alno, Ballerina, Sachsenküchen, Team 7 und zeyko – stellten in Köln ihr neu eingeführtes Hubsystem für Insel, Unterschrank, (Ansatz-)Tisch vor: Per Knopfdruck wird die jeweils optimale Arbeitshöhe bedarfsgerecht eingestellt. Unabhängig von einer Möbelmarke präsentierte der dänische Anbieter Ropox in Köln gemeinsam mit seinem deutschen Vertriebspartner ProIpso seine Höhenverstellsysteme für Unter- sowie Oberschränke – beide Systeme sind ebenfalls elektrisch steuerbar.
Sowohl am Stand von Ballerina als auch bei zeyko „assistierte“ ein „ergonoMeter“ bei der Präsentation, sodass die Fachhändler die Höhenverstell-Technik am eigenen Ellenbogenmaß testen und sich von dem Messgerät als Argumentations-Helfer überzeugen konnten. Hier unser Überblick über die Produkte und die Produktphilosophie:
„Bewegte Küche“
Alno hat unter dem Namen „Bewegte Küche“ ein Küchenkonzept ins Leben gerufen, das flexibel mit Bedarf und Lebenslage umgeht. Zielgruppe ist „jeder“, wie es Christian Hartmannsgruber, Projektleiter Innovation von Alno, in aller Kürze formuliert. Angesprochen sind Design- und Technik-Interessierte, Singles und Familien, Menschen mit Alterseinschränkungen ... Ziel des Konzeptes ist es, ein Umfeld zu schaffen, das jeden Bedarf bedient. Die Küche ist modular aufgebaut und kann beliebig umgebaut und ergänzt werden, je nach veränderten Vorlieben und/oder veränderten Lebenssituationen. Die technischen Komponenten dazu sind verstellbare Hubelemente für die Bereiche Kochen, Spülen und Vorbereiten sowie Kommunikation und Arbeiten.
Unter anderem lässt sich die Arbeitshöhe der Kochfläche für alle Nutzer individuell programmieren. Das Spülenmodul ist so gestaltbar, dass man entspannt im Sitzen arbeiten kann – auf der LivingKitchen war eine flache Spezialanfertigung von Eisinger eingebaut, die aufgrund ihrer geringen Bauhöhe auch unterfahren werden kann. Die „Bewegte Küche“ soll im September als eigenständige Marke –Tielsa erlebt ihr Revival – in den Handel kommen. Ebenfalls für September geplant ist die Einführung eines dreidimensional verstellbaren Oberschranks.
Rückengerecht kochen
Bei Ballerina konnten sich die Messe-Besucher mit der höhenverstellbaren Koch- und Vorbereitungsinsel „ergoAGENT base“ bekannt machen, die in Zusammenarbeit mit Kesseböhmer entwickelt wurde. Die Einführung des Prototyps ist zur Küchenmeile 2013 geplant. Im Vordergrund der Produktphilosophie steht die jederzeit problemlos auf den individuellen Bedarf einstellbare Arbeitshöhe, um so Beschwerden und Schäden im Bereich der Wirbelsäule vorzubeugen: Die Kochinsel lässt sich auf Knopfdruck von 990 mm bis 1190 mm oder von 860 mm bis 1060 mm verstellen. Damit kommt sie zum einen unterschiedlichen Körpergrößen entgegen und lässt sich zum anderen für unterschiedliche Tätigkeiten variabel einrichten – Gemüseschneiden auf etwas höherem Arbeitsflächen-Niveau, sobald zusätzlicher Körpereinsatz wie beim Teigkneten erforderlich ist, in etwas tieferer Position.
Ergonomische Arbeitshöhe
Sachsenküchen ermöglicht mit dem elektrisch verstellbaren Hubsockelsystem „ERGOmatic“, die Technik stammt von Linak, das individuelle Regulieren der Arbeitshöhe um bis zu 20 cm, und zwar von 85,5 cm bis 105,5 cm. Damit, so der Möbelhersteller, ist für Personen von 160 cm bis 200 cm Körpergröße an ein und demselben Arbeitsplatz die jeweils exakt passende Arbeitshöhe gewährleistet. Das Sockelsystem ist frei planbar in Längen von 120 bis 400 cm und Tiefen von 60 bis 120 cm. Geplant werden können Insellösungen und Küchenzeilen. Zur Bedienung ist ein Touchpanel in die Arbeitsplatte integriert, das die aktuelle Höhe anzeigt und bis zu drei Höhen fest programmieren lässt. Alternativ möglich ist die Bedienung mit einem Funkschalter. Lieferfähig ist das System ab April 2013. Ebenfalls im Programm ist der um 50 cm elektrisch in Wunschposition verfahrbare „Lifttisch“: Ob momentan der Esstisch oder die Theke gebraucht wird, entscheiden die Nutzer.
Alles in einem
Team 7 arbeitet bereits seit zwei Jahren mit der Hubtechnik von Linak, Ausstellungsstück zur diesjährigen LivingKitchen war der Geschmacksmuster geschützte Inselblock „k 7“, eine kombinierte Koch-, Vorbereitungs- und Spülinsel. Nach Auskunft von Ulrich Ecker aus der Abteilung Konstruktion ist die Arbeitsplatte der Insel um 40 cm von 75 cm bis auf 115 cm in der Höhe verstellbar und kann im Größenbereich von 120 und 95 cm Breite bei einer individuellen Länge bis zu 500 cm frei geplant werden. Das gezeigte Modell ist ein funktionales Schmuckstück, unter anderem ausgestattet mit einer abdeckbaren Edelstahlspüle von Eisinger, die eigens für Team 7 produziert wird – ein tiefes Becken mit abgesenkter Armaturenbank, die eine abklappbare Armatur trägt. Die flexible Schlauchtechnik für Wasserzulauf und -ablauf wird von HKT geliefert. Für sicheren Betrieb der Hubtechnik ist zweifach gesorgt: Beim Absenken greift ein Stopp-Mechanismus, sobald ein Hindernis auftaucht. Falls dieses jemals ausfallen sollte, hebt sich die Platte automatisch leicht an. „k7“ ist Arbeitsplatte, Tisch, Bar – sowohl stirn- als auch längsseitig können die Nutzer einen Überstand der Arbeitsplatte einplanen lassen.
Individuelle „Höhen“-Planung
Auch Zeyko arbeitet mit dem Hubsystem von Linak – mit der auf der LivingKitchen vorgestellten höhenverstellbaren Koch- und Vorbereitungsinsel wird dem Verbraucher die Möglichkeit eröffnet, die Küche auch hinsichtlich passgenau eingestellter Arbeitshöhen individuell und im konkreten Fall ergonomisch zu gestalten. Ein parat stehender „ergonoMeter“ brachte das Thema Ergonomie während der Publikumstage auch dem künftigen Konsumenten buchstäblich näher. zeyko wäre allerdings nicht zeyko ohne ein sehr spezielles Extra – auch in Sachen Ergonomie. Aktuell ist das ein höhenverstellbarer Ansatztisch, auf der Messe integriert in pure Natur. Die Technik bezieht zeyko laut Geschäftsführer Andreas Kress von einem Schwarzwälder Spezialisten, der Uhrmachertische produziert: Um präzise und dauerhaft beschwerdenfrei arbeiten zu können, müssen auch die Uhrmacher für eine optimale Arbeitshöhe sorgen. Fürs Vorbereiten, Essen und Plaudern gilt der gleiche Grundsatz.
Küche für alle Lebenslagen
Die Höhenverstellungen von Ropox, die in Deutschland über das Unternehmen ProIpso vertrieben werden, lassen sich grundsätzlich mit jedem Küchenmöbel kombinieren. Mit den einzelnen Komponenten lässt sich die gesamte Küche bedarfsgerecht ausstatten, die Spannbreite reicht von der Komfort-Lösung bis zur rollstuhlgerechten Planung. Das Programm besteht aus drei Produktgruppen: Elektrisch oder manuell höhenverstellbare Lifte „Flexi“ für Arbeitsplatten, mit denen für sitzende Arbeit freier Beinplatz unter der Arbeitsplatte planbar ist. Hiermit lassen sich jedoch auch Insellösungen in Bewegung bringen. Für sitzende und stehende Tätigkeiten ist der manuell oder elektrisch höhenverstellbare 4-Fuß-Tisch „4Single“ vorgesehen. Für elektrisch diagonal oder vertikal höhenverstellbare Oberschränke sorgen die Beschläge „Diagonal“ und „Verti“. Die Oberschränke fahren bis in die Reichweite sitzender Nutzer, die Beschläge bleiben in jeder Position unsichtbar – und sie können nachgerüstet werden.
Universal Design
Aus den Kurzporträts der genannten mobilen LivingKitchen-Präsentationen geht hervor, dass insbesondere ergonomische, die Wirbelsäule schonende Arbeitshöhen das Neuheiten-Spektrum bestimmen. Die Kriterien Funktionalität, Komfort, Ästhetik und Gesundheit bündeln sich in überaus nutzwertigen Designs, die Freude und Spaß am Vorbereiten und Kochen deutlich erhöhen. Alno und Ropox/ProIpso konzentrieren sich auf Gesamtkonzepte und gehen damit einen Schritt weiter: Sie bedienen den Universal Design-Gedanken. Verwendet wird dieser übergeordnete Begriff unter anderem für Produkte, die von möglichst vielen Menschen genutzt werden können. Ohne auf zusätzliche Technik oder andere Anpassungen zurückgreifen zu müssen. Wichtig: Alle aufgeführten Anbieter veranstalten für den Handel Schulungen zum neuen Produkt. hb
Im kommenden Küchenplaner werden wir am Beispiel Hausgeräte das Thema Universal Design näher beleuchten. Zu Wort kommt unter anderem Andreas Enslin, Chefdesigner von Miele.