Die Haube als Gesamtkunstwerk
„Was soll denn das Energielabel bei Dunsthauben bringen?“, mag sich mancher gefragt haben, als vor einigen Jahren entsprechende Pläne der Europäischen Kommission publik wurden. Tatsächlich mutet diese Art der Verbraucherinformation unnütz an und nährt liebgewonnene Ansichten zur scheinbar allgegenwärtigen Regulierungswut der EU-Beamten. Schließlich sind doch die Betriebsstunden einer Haube von den Kochgewohnheiten der Küchennutzer abhängig und damit a) kaum vergleichbar und b) vergleichsweise übersichtlich. Zumindest im Vergleich zu beispielsweise einem Kühlgerät, das rund um die Uhr ackert.
Doch es geht bei der Einführung des Energielabels für Hauben längst nicht allein um die Zahl der Kilowattstunden. „Sparsam allein könnte schließlich jeder Hersteller“, bringt Werner Scholz, Geschäftsführer beim Elektroverband ZVEI, die Ausgangslage auf den Punkt. Zukaufprodukte wie ein effizienter Motor und LEDs reichten dann schon für die Top-Einstufung. Der Rest ist Metallbau. Doch bei der Richtlinie 2010/30EU gehe es viel umfassender um die Darstellung der kompletten Leistungsfähigkeit einer Haube, so Scholz weiter. Eine Herausforderung für die Hersteller: Ab Januar 2015 muss jedes einzelne Haubenmodell vier Punkte per Label dokumentieren: 1. Wie es um die fluiddynamische Effizienz bestellt ist – das ist ein errechneter Wert für den Einsatz elektrischer Energie zum Transport der Abluft (Gebläseeffizienz), 2. wie es mit der Beleuchtungseffizienz ausschaut, 3. dem Fettabscheidegrad und 4. dem Geräuschpegel. Hinzu kommt die Angabe des konkreten Jahresenergieverbrauchs in kW/h. Alle diese Aspekte entscheiden die Klassenzugehörigkeit. Sieben verschiedene Stufen wird es geben: Von A bis G, visualisiert in den bekannten Balkenfarben von Dunkelgrün bis Dunkelrot mit den Abstufungen Hellgrün, Gelb, Orange und Hellrot.
Anreiz für Hersteller
In den kommenden Jahren werden diese Klassen um zusätzliche +-Kennzeichnungen ergänzt: Ab 1.1.2016 umfasst die Skala für alle ab dann „in Verkehr gebrachte Geräte“ A+ bis F, ab 1.1.2018 geht es von A++ bis E, und ab 1.1.2020 von A+++ bis D. Damit wird die permanent fortschreitende technische Entwicklung berücksichtigt. Gleichzeitig soll die Ausweitung ein Anreiz für die Hersteller sein, die Energieeffizienz der Geräte weiter zu verbessern. Ziel der europäischen Behörden sei es, „die Marktausrichtung auf energieeffiziente Technologien zu fördern und die Marktverbreitung hocheffizienter Geräte zu beschleunigen.“ Hält es ein Hersteller für zweckmäßig, darf er bereits frühzeitiger das Label der jeweils nächsten Stufe anwenden, also z.B. ab 1.1.2015 auch das Label von A+ bis F.
Neuordnung geplant
Allerdings könnten diese Pläne zeitlich gesehen nur bedingt zum Tragen kommen. Denn aktuell wird in Brüssel bereits an einer grundlegenden Erneuerung der Bestimmungen und Richtlinien rund um die Energieeffizienzkennzeichnung von Elektrogeräten gearbeitet. Bis das soweit ist, bleibt es jedoch bei den hier geschilderten Bestimmungen. Die zitierte Richtlinie 2010/30EU bezieht sich übrigens auf Haushaltsbacköfen, Kochmulden und Dunstabzugshauben. Ausgewertet wurden für diesen Beitrag aber nur die Infos zu den Hauben.
Vom Wesen der Haube
Damit es möglichst zu keinen Missverständnissen kommt, beschreibt die EU-Richtlinie exakt, um was für eine Art von Gerät es sich bei einer Dunstabzugshaube handelt. Wörtlich heißt es: „Dunstabzugshaube bezeichnet ein Gerät, das mit einem von ihm gesteuerten Motor betrieben wird und dazu bestimmt ist, verunreinigte Luft über einer Kochmulde aufzunehmen, oder das ein Downdraft-System umfasst, das für den Einbau neben Herden, Kochmulden oder ähnlichen Kochgeräten bestimmt ist und den Dampf nach unten in ein internes Abluftrohr zieht.“
Ebenfalls aufschlussreich sind diese Punkte: „Automatikbetrieb während des Kochens bezeichnet einen Zustand, in dem der Luftstrom der Dunstabzugshaube mithilfe eines oder mehrerer Sensoren unter anderem hinsichtlich der Feuchte, Temperatur usw. automatisch geregelt wird.“ Und: „Vollautomatische Dunstabzugshaube“ bezeichnet eine Dunstabzugshaube, in der der Luftstrom und/oder andere Funktionen mithilfe eines oder mehrerer Sensoren rund um die Uhr, auch während des Kochens, automatisch geregelt werden.“
Pflicht zum Labeln
Der Hauben verkaufende Handel hat sich laut Richtlinie auf diverse Pflichten einzustellen. Der Originalwortlaut liest sich kompliziert, der wichtigste Aspekt bezieht sich jedoch auf die schon bekannte Pflicht zum Labeln. So heißt es unter anderem:...„a) jede in einer Verkaufsstelle ausgestellte Haushaltsdunstabzugshaube mit dem Etikett versehen wird, das von den Lieferanten...bereitgestellt und an der Vorder- oder Oberseite des Geräts oder in unmittelbarer Nähe des Geräts angebracht wird, so dass es deutlich sichtbar und als das zum Modell gehörige Etikett erkennbar ist, ohne dass der Markenname und die Modellnummer auf dem Etikett gelesen werden müssen.“ Für Werner Scholz vom ZVEI hat sich bei dieser Regelung die Vernunft durchgesetzt. Als Ergebnis langer Lobbyarbeit muss das Label nun nicht mehr unbedingt auf das Gerät geklebt werden, es genüge auch die Platzierung „in der Nähe“. Dies gilt übrigens auch für das neue Backofenlabel.
Die unabdingbare Pflicht Angabe der Energieeffizienzklasse gilt zudem für jegliche Werbung, wenn diese „energiebezogene Informationen oder Preisinformationen enthält“.
Umfassendes Ökodesign
Schon das Haubenlabel geht auf mehr ein als auf den reinen Energieverbrauch. Auch wenn dieser natürlich eine zentrale Rolle spielt. Aber gerade Informationen zur Geräuschentwicklung und zum Fettabscheidegrad sind wichtige Vergleichskriterien beim Kauf einer Dunstabzugshaube. Hersteller, die die anspruchsvollen technischen Abläufe beim Dunstabzug nicht im Griff haben, können sich ab sofort nicht mehr hinter einer schicken Geräteform verstecken.
Die sogenannte Ökodesign-Richtlinie der EU – auch Ecodesign genannt – sattelt auf diesen Überlegungen auf und geht einige Schritte weiter. Sie dokumentiert den rechtlichen Rahmen für die Festlegung von Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung elektrisch betriebener Produkte. Dabei umfasst sie den gesamten Lebenszyklus eines Elektrogerätes von der Produktion bis zur Entsorgung – beziehungsweise im besten Fall zum Recycling. Ziel ist es, die Energieeffizienz und die Umweltverträglichkeit von Produkten zu verbessern. Zum Tragen kommt die Ökodesign-Richtlinie bei fast allen Strom verbrauchenden Produkten. Verkehrsmittel bleiben außen vor. Bei Haushaltskochgeräten – dazu zählen Öfen, Herde, Mulden und Hauben – wurde neben weiteren Aspekten rund um Produktion und Entsorgung der „Energieverbrauch in der Nutzungsphase“ als primärer Umweltaspekt ermittelt. „Aber auch die Energieeffizienz und die fluiddynamische Effizienz wird per Ecodesign stufenweise geregelt“, ergänzt ZVEI-Experte Scholz.
Dabei ist klarzustellen: Die Ökodesign-Richtlinie (2009/125/EG) löst die oben zitierte Energieverbrauchskennzeichnung 65/2014 nicht ab, sondern ergänzt sie. Auf Grundlage dieser beiden Verordnungen erwarten die Verantwortlichen bis 2020 eine jährliche Primärenergieeinsparung von 27 PJ. Das sind umgerechnet rund 7500 Millionen Kilowattstunden, was dem statistischem Stromverbrauch von ca. 2,15 Millionen Haushalten entspräche. (Rechnerische Grundlage: 3500 kW/h jährlich pro Haushalt).
Was die Ökodesign-Richtlinie regelt
Die Ökodesign-Verordnung gilt für Hersteller und Importeure von Haushaltsbacköfen, -kochmulden und -dunstabzugshauben. In Kraft treten die Anforderungen schrittweise in fünf Stufen. Nachzulesen ist eine Zusammenfassung gut verständlich und komprimiert aufbereitet auf den Internetseiten vom Infozentrum UmweltWirtschaft des Bayerischen Landesamts für Umwelt (www.izu.bayern.de). Nächste Stichtage für die Umsetzungspflicht der Richtlinien sind der 20. Februar 2015, 20. August 2015 und 20. Februar 2017. Besonderen praktischen Informationswert auch für den Handel haben diese Punkte:
Ab 20. Februar 2015
- Bei Dunstabzugshauben muss die Beleuchtungsstärke auf der Kochoberfläche mehr als 40 lx betragen.
- Bei Dunstabzugshauben muss der Luftstrom nach einer bestimmten Zeit automatisch auf max. 650 m³/h reduziert werden. Dabei gilt: Das reine Vorhandensein eines manuellen Schalters oder einer manuellen Einstellung, mit dem/der Luftstrom des Gerätes auf einen Wert von höchstens 650 m³/h verringert wird, reicht nicht aus, um diese Anforderungen zu erfüllen.
Ab 20. August 2015
- Dunstabzugshauben müssen einen Niedrigverbrauchsmodus aufweisen: Die Leistungsaufnahme darf dabei im Auszustand maximal 1 Watt und im Bereitschaftszustand maximal 2 Watt betragen.
Ab 20. August 2017
- Dunstabzugshauben müssen einen Niedrigverbrauchsmodus aufweisen: Die Leistungsaufnahme darf dabei im Auszustand maximal 0,5 Watt und im Bereitschaftszustand maximal 1 Watt betragen.
- Dunstabzugshauben müssen zusätzlich mit einer Funktion zur Verbrauchsminimierung ausgestattet sein, die das Gerät nach einer bestimmten Zeit automatisch in den Aus- oder Bereitschaftszustand versetzt.
Quellen:
ZVEI (www.zvei.org)
Infozentrum UmweltWirtschaft des Bayerischen Landesamts für Umwelt (www.izu.bayern.de)
Amtsblatt der Europäischen Union vom 31.1.2014: VERORDNUNG (EU) Nr. 65/2014
Amtsblatt der Europäischen Union vom 31.1.2014: VERORDNUNG (EU) Nr. 66/2014