Bei Blanco zählt das Gesamtpaket
Basis des Erfolgspakets aus Oberderdingen sind hochwertige, langlebige und zunehmend multifunktionale Produkte. Natürlich. Und zusätzlich Aspekte wie Planungs- und Montageunterstützung, Schulungen, technischer Kundendienst und Logistik. Gerade Logistik. Traditionell sind Spüle, Armatur und Abfalltrennung oft die Anhängsel der Küchenplanung. Über Möbel und Geräte wird lang und ausdauernd geredet, für das Spülcenter bleiben dann meist nur noch wenige Minuten. Und anschließend muss alles schnell gehen. Darauf hat sich Blanco eingestellt und schon vor Jahren massiv in die Logistik investiert. Und tut es weiterhin. Erst kürzlich wurde im Logistikzentrum in Bruchsal der erste Roboter installiert – zur Unterstützung der Mitarbeiter bei den besonders gewichtigen Arbeitsschritten. Die Digitalisierung der Prozesse schreitet in Bruchsal wie in allen Fertigungsstätten des Unternehmens in vielen Einzelmaßnahmen massiv voran. Denn Blanco will noch produktiver werden. „Wir liefern dem Fachhandel 98% aller Produkte innerhalb von zwei Tagen“, sagt Frank Gfrörer und rückt damit eine der elementaren Stärken des Unternehmens ins Scheinwerferlicht.
Dort stehen bei einer Bilanzpressekonferenz gewöhnlich eher schnelllebige Umsatzzahlen und Angaben zu Marktanteilen. Doch Marktanteile allein, so Gfrörer, seien wenig aussagekräftig. Unter dem Strich gehe es um Profitabilität. Die soll weiter gesteigert werden. Das betont der Blanco-CEO ausdrücklich. Und es gehe darum, wie das Wachstum der guten Jahre so genutzt wird, dass es ein Unternehmen auch durch mögliche Marktflauten zu tragen vermag. Angesichts der zunehmend unberechenbaren Märkte werden Investitionen so zu einer Art Risikoabsicherung. „Investitionen geben immer auch einen Blick in die Zukunft eines Unternehmens“, ergänzt Rüdiger Böhle, der innerhalb der Blanco Geschäftsleitung die kaufmännischen Belange und das Personalwesen verantwortet. 18,9 Mio. Euro hat Blanco in 2018 investiert. In Anlagen, Produkte, Service, Kundendienst und Logistik.
Neues Werk für Silgranit
Ein wesentlicher Teil der aktuellen Investitionen fließt nach Most in Tschechien. Dort entsteht gerade das dritte Silgranit-Werk des Unternehmens. Im Dezember 2019 sollen in Most die ersten Spülen für die internationalen Märkte produziert werden. Schon in Sinsheim (Baden-Württemberg) und in Toronto fertigt Blanco Spülen aus Verbundwerkstoffen. Da der Trend zu farbigen Spülen weltweit spürbar ist und „eine hohe Dynamik besitzt“, wie Technik-Geschäftsführer Wolfgang Schneider erläutert, bereitet sich der Spülenspezialist schon heute auf den zu erwartenden Nachfrageschub vor. In Modulbauweise können die Kapazitäten in Most an den jeweiligen Bedarf angepasst werden. Im heimischen Sinsheim, so Frank Gfrörer, seien die Wachstumsmöglichkeiten inzwischen räumlich erschöpft. Das Werk bleibe aber weiterhin Produktionsstandort, in den ebenfalls investiert wird, und zusätzlich Forschungs- und Entwicklungszentrum für den boomenden Geschäftsbereich Silgranit.
Über die Geschäftsjahre hinweg investiert Blanco rund 20 Mio. Euro in Tschechien. „Wir schaffen mit Sinsheim, Toronto und Most einen Produktionsverbund auf Basis von Industrie 4.0“, erläuterte Schneider die vernetzte Strategie des Herstellers. Wolfgang Schneider selbst wird die Einweihung in Most allenfalls als Ehrengast erleben. Nach mehr als 40 Jahren Tätigkeit für Blanco geht er zum 1. August 2019 in den Ruhestand. Schneider hat wie kein Zweiter im Unternehmen die Erfolgsgeschichte Silgranit miterlebt und maßgeblich geprägt. „Die uneingeschränkte Lieferfähigkeit über all die vielen Jahre ist auch sein Verdienst“, würdigte Frank Gfrörer Schneiders Engagement und dessen Leistung für das Unternehmen. Ein Nachfolger für den Technik-Chef stand Ende Mai noch nicht fest. Bis ein solcher gefunden ist übernimmt CEO Gfrörer diese Aufgaben vorübergehend zusätzlich.
Starkes Wachstum in Deutschland
Spülen aus dem Verbundwerkstoff Silgranit sind seit 1980 eine Erfolgsstory bei Blanco. Und sie sind nach Angaben des Unternehmens einer der wesentlichen aktuellen Wachstumstreiber. Für das Geschäftsjahr 2018 meldet das Unternehmen einen konsolidierten Umsatz von 394 Mio. Euro. Das sind 15 Mio. Euro bzw. 5% mehr als 2017. In Deutschland, dem größten Einzelmarkt, konnte die Blanco-Gruppe besonders stark wachsen und legte um 7,5% oder 10 Mio. Euro gegenüber 2017 zu. Auf jetzt 137 Mio. Euro.
65 Prozent im Export
Der Umsatz in den Märkten außerhalb Deutschlands stieg abzüglich teils erheblicher Währungseffekte um 2,5% auf 257 Mio. Euro. Damit beträgt der Exportanteil nun 65%. Laut Frank Gfrörer entwickelten sich die internationalen Märkte unterschiedlich und zeigen sich zunehmend volatil. Was statistisch schwankend bedeutet. Überdurchschnittliche Wachstumsraten verzeichneten vor allem viele europäische Regionen. Auf den britischen Inseln zeigt sich die Entwicklung vom drohenden Brexit unbeeindruckt, und in Russland stieg der Umsatz sogar um 9%. Asien entwickele sich ebenfalls positiv, jedoch auf vergleichsweise übersichtlichem Niveau. Um den Markt „Asien/Pazifik“ noch besser verstehen zu lernen, hat das Unternehmen in Singapur kürzlich eine Tochtergesellschaft gegründet. In den USA sei das Unternehmen hingegen hinter den Erwartungen zurückgeblieben, räumte der Vorsitzende der Geschäftsleitung ein.
Dennoch: „2018 war erneut ein erfolgreiches Jahr. Wir konnten sowohl im Inland als auch in vielen internationalen Regionen unsere Umsätze steigern, teilweise gegen den Markttrend“, fasst CEO Frank Gfrörer das Ergebnis zusammen. Und er fuhr fort: „Dieses Wachstum war auch dringend notwendig, denn der Kostendruck steigt.“ Hier nannte er die Faktoren Personal, Material und Energie.
Die Wasserstelle wird multifunktional
Seine führende Rolle im Bereich Granit-Spülen sieht Blanco in den Weltmärkten weiter gefestigt. Auch in der internen Statistik sind Produkte aus diesem Material obenauf. Nach Menge und Wert. Spülen fertigt das Unternehmen zudem aus Edelstahl (Edelstahl-Kompetenzcenter ist das Werk Sulzfeld) und Keramik (Istanbul). „Jedes Material hat seine Berechtigung“, sagt Frank Gfrörer. Als besonderes Beispiel nannte er Keramik als beliebten, weil „natürlicher“ Werkstoff in modernen Landhausküchen. Die besonders erfolgreiche Etagen-Spülenlinie „Etagon“ sei deshalb inzwischen in allen drei Materialien verfügbar. „Mit ihrer integrierten Stufe und der Möglichkeit, sehr effizient eine dritte Funktionsebene im Einzelbecken zu schaffen, gehört sie zu den Bestsellern“, so der Blanco-CEO.
Diese neue Multifunktionalität an der Wasserstelle hat inzwischen auch das weite Feld des Zubehörs und vor allem den Bereich der Küchenarmaturen erreicht. Beste Beispiele sind die so genannten „Smart-Armaturen“ wahlweise mit Sensor-Bedienung, Messbecher-, Heißwasser- oder Filterfunktion. Für diese Armaturen bietet Blanco jetzt auch einen Montage-Service an. Das ist neu. Auch bei der Planung und Montage individuell geplanter SteelArt Edelstahl-Arbeitsplatten unterstützt der Hersteller seine Handelspartner. Mit einem Aufmaß- und Einbau-Service.
Den Endkunden vorinformieren
Auch in der Kommunikation geht Blanco neue Wege. So hat das Unternehmen 2018 erstmals eine digitale Markenkampagne durchgeführt und zahlreiche Unternehmens-Webseiten modernisiert. Ziel sei es, Konsumenten schon frühzeitig für das Thema Spüle und Armatur zu sensibilisieren und so eine gezielte Nachfrage von Blanco-Produkten beim Handel zu fördern. In ein direktes Endkundengeschäft sollen die vielfältigen Kommunikationsangebote nicht münden. Stattdessen gelte: „Wir wollen Endkunden besser verstehen lernen, um unsere Handelspartner zielgerichteter unterstützen zu können.“ Frei nach der Devise: Ein gutes Produkt ist nicht alles, erst das Gesamtpaket führt zum Erfolg. „Und wenn dann aus drei Minuten bei der Spülenberatung sieben oder neun Minuten werden, kann das dem Fachhandel konkreten Umsatz bringen“, plädiert Frank Gfrörer für ein gemeinsames Engagement von Hersteller und Fachhandel.
Dirk Biermann
Blanco 2018 in Zahlen
Umsatz weltweit (konsolidiert): 394 Mio. Euro (+5%/15 Mio. Euro)
Umsatz Inland: 137 Mio. Euro (+7,5%/10 Mio. Euro)
Umsatz international: 257 Mio. Euro (+2,5%/5 Mio. Euro)
Exportanteil: 65 %
Märkte weltweit: ca. 100
Auslandsorganisatoren: Belgien, China, Frankreich, Großbritannien, Kanada, Österreich, Russland, Schweiz, Singapur, Tschechien, Türkei, Ukraine, USA
Investitionen: 18,9 Mio. Euro
Mitarbeiter: 1500 (davon 1100 in Deutschland)