Wie kommt der Kunde ins Küchenstudio?
Dieses Wissen ist nicht nur von statistischem Interesse – es gibt Küchenstudios wertvolle Informationen an die Hand, mit denen sie gezielte Kundengewinnungsmaßnahmen angehen können. Volker Schmidt von der SEB Steuerberatung stellt den Weg von der Statistik zum Kunden dar.
„Wie komme ich an neue Kunden?“ Für Küchenstudio-Betreiber hat diese Frage eine ähnlich existenzielle Bedeutung wie das Sein-oder-nicht-sein für Shakespeares Hamlet. Die Gleichung ist ganz einfach: Ohne neue Kunden kann ein Küchenstudio nicht lange überleben. Denn – und hier kommt gleich die erste von vielen wichtigen Zahlen – die deutschen Haushalte kaufen im Schnitt nur alle 18 Jahre eine neue Küche; Elektrogeräte alle 10 bis 15 Jahre. Wenn ein kleineres Küchenstudio im Monat fünf Küchen verkaufen möchte, benötigt es also einen Stamm von 1.080 Kunden – und die müssen natürlich ihrem Küchenstudio und der 18-Jahres-Neukauf-Regel treu sein. Es ist also sicherlich besser, ein paar Kunden mehr zu haben. Doch wie gewinnt man neue Kunden? Zunächst einmal, indem man sie kennenlernt. Die erste Faustregel lautet: Nur wer den Kunden kennt, kann den Kundenstamm ausbauen. Wer erfolgreich auf Kundenfang gehen möchte, darf also keine Angst vor Zahlen und Fakten haben.
Wer kauft Küchen?
Es gibt eine Reihe von Fakten, die bei den Überlegungen zur Werbestrategie berücksichtigt werden sollten. Zunächst einmal ist es die Frage, wer überhaupt Küchen kauft. Dafür ist die Verteilung von Eigentum und Miete von zentraler Bedeutung. In Mietwohnungen sind es in der Regel die Vermieter, die die Küche einbauen, während Wohnungs-/ Eigenheimeigentümer für ihre Küche selbst verantwortlich sind. In Deutschland variiert die Verteilung gebietsabhängig leicht: Zwischen 45 und 55% beträgt der Anteil der Eigentümer. Im Mittel kann man also von einer 50/50-Verteilung ausgehen.
Wo Küchen gekauft werden
Die Küche erlebt seit Jahren eine deutliche Aufwertung. Sie entwickelte sich in den vergangenen Jahren vom Funktionsraum zum Statussymbol – oder anders ausgedrückt: Die Küche ist das neue Auto. Das wirkt sich auch auf den Handel aus. Küchen kann man im Möbelhandel kaufen oder beim Küchenspezialisten. Dass der Küche eine höhere Bedeutung zugemessen wird, zeigt sich an einer Verschiebung hin zu Letzterem. Heute werden anders als früher die meisten Küchen (über 50%) im Küchenfachhandel gekauft. Dort findet der Kunde mehr Auswahl, mehr Individualität und bessere Beratung.
Luxus oder Holzklasse?
Diese Entwicklung spiegelt sich auch in der Verteilung der Preislagen für neue Küchen wider: Acht verschiedene Preissegmente können hier unterschieden werden. Wenig verwunderlich ist es, dass das mit 21,8% größte Segment die Mitte abbildet. 5.750 bis 8.800 Euro werden hier für die neue Küche ausgegeben. Das Einstiegssegment bis 2.500 Euro ist mit 5,7% vertreten und das Königssegment, also die Luxusklasse, mit 15,5%. Im diesem Preissegment werden 14.000 Euro und mehr investiert. Im Mittel gaben die Deutschen im vergangenen Jahr 7.125 Euro für ihre neue Küche aus. Wofür sind diese Zahlen nun wichtig? Sie dienen der Einordnung, was möglich ist, und der Ausrichtung des Küchenstudios: Liegt es in einem Einzugsgebiet mit vielen gehobenen Einzelhäusern, ist die Zielgruppe eher im oberen Segment zu suchen. In einem Viertel mit Mietwohnungen sieht die Lage dementsprechend anders aus. Diese Information hat natürlich Auswirkungen auf die Gestaltung des Sortiments und auf die Marketingmaßnahmen.
Wie findet der Kunde das Küchenstudio?
So viel dazu, was verdient werden kann – doch den Küchenstudiobetreiber interessiert eine andere Frage noch dringender: Wo wird der Umsatz gemacht? Auch darauf finden sich Antworten in der Statistik: Nach Erhebungen der Gesellschaft für Konsumforschung, GFK, kommen 14% der Küchenkäufer durch einen sehr naheliegenden Grund zu ihrem Küchenspezialisten: weil sie ihn sehen. Eine Situation, die viele kennen: Jahrelang geht man auf dem Weg zur Arbeit am Uhrmacher vorbei, ohne dass er besonders auffällt. Man verliert seine Uhr und erinnert sich, schaut beim nächsten Mal ins Schaufenster und stellt fest, dass es ansprechend dekoriert ist. Dann erzählt noch der Arbeitskollege, dass er dort sehr gut beraten wurde – und schon ist klar, wo man seine neue Uhr kauft. Zur Lage des Geschäfts und dem äußeren Eindruck kommt nämlich ein weiterer, der mit Abstand wichtigste Faktor hinzu: das sogenannte Empfehlungsmarketing. Rund 52% der Kunden kommen ins Küchenstudio, weil sie von Dritten Gutes über den Spezialisten gehört haben.
Werbung: nicht zu viel und nicht zu wenig
Auch wenn Empfehlungen die Top 3 der Kundengewinnungsmaßnahmen anführen, heißt das nicht, dass klassische Werbemaßnahmen nicht auch sinnvoll sind: Immerhin kommen 34% der Kunden in den Küchenfachhandel, weil sie über Werbemaßnahmen auf ihn aufmerksam geworden sind. Küchenstudios investieren bis zu 8% ihrer Umsätze in Werbung. Wenn man obige Zahl betrachtet, ist diese Investition unbedingt angebracht, wenn auch vielleicht nicht in dieser Höhe. Manche Küchenstudios benötigen gar kein Werbebudget, denn die Lage und das kostenlose Kunden-werben-Kunden-Empfehlungsmarketing bringt so viele Interessenten ins Geschäft, wie bedient werden können. Ein Werbebudget von 3,5 bis 5% des Umsatzes sollte dennoch eingeplant werden.
Welche Werbemaßnahmen zum Ziel führen
Wofür diese 3,5 bis 5% ausgegeben werden, kann man leider nicht generalisieren. Den perfekten Marketingplan muss jedes Küchenstudio für sich selbst entwickeln. Ein paar Anhaltspunkte gibt es aber trotzdem. Während es bei Neueröffnungen darum geht, das Geschäft durch Aktionen bekannt zu machen, sollte im laufenden Geschäft zunächst der Außenauftritt gepflegt werden. Er führt dazu, dass das Studio gesehen wird und einen guten Eindruck auf potenzielle Kunden macht – und holt die oben genannten 14% ins Haus. Als nächstes sollten die 34% der Menschen adressiert werden, die man über Werbung erreicht – am besten über lokale Ansprache, für die man 1 bis 1,5% des Budgets einplanen sollte. Wurfsendungen in der Nachbarschaft, Anzeigen in Lokalblättern, lokalisierte Facebook-Ads oder Banner auf Internetseiten örtlich relevanter Branchenunternehmen sind hier mögliche Werbemittel – natürlich abgestimmt auf die jeweilige Zielgruppe und die demografischen Gegebenheiten. Ist die Altersstruktur im Viertel eher gehoben, bieten sich zum Beispiel altersgerechte Küchen an. Ist dieses Grundrauschen gesichert, kann der Rest des Etats zur Seite gelegt werden. Diese 1,5% stehen situativ zur Verfügung und werden für besondere Anlässe genutzt: für Jubiläen, den Tag der Küche, Weihnachten, die schnelle Küche, die Best-Ager-Küche, Konkurrenzreaktion, Industrieverkauf, Musterküchenangebote und Ähnliches.
Die gute Nachricht: Die beste Werbung ist umsonst
Der größte Block kommt zum Schluss: die 50% der späteren Kunden, die von Bestandskunden hören, wie zufrieden diese mit ihrer Küche sind. Der Grund für die Effektivität dieser „Werbung“ liegt nahe. Nichts ist überzeugender als die authentische Empfehlung von Freunden und Bekannten. Was kann ein Küchenstudio tun, um diesen Vorteil zu nutzen? Gut arbeiten, auf die Qualität der Ware und der Montage Wert legen, auf die Kundenbedürfnisse eingehen, zusätzliche Services bieten, Reklamationen als Chance sehen, einen guten Eindruck zu hinterlassen – alles eigentlich Selbstverständlichkeiten, die aber längst nicht mehr selbstverständlich sind. Wenn ein Küchenstudio aber so arbeitet, wird es die Früchte ernten: Zufriedene Kunden empfehlen es weiter und generieren so neue zufriedene Kunden. Unterstützt werden kann dieser wichtigste Aspekt der Kundenbindung auf den Social-Media-Kanälen wie Instagram oder Facebook oder über Bewertungsportale. Das Beste an diesem Kundengewinnungsprogramm: Es ist komplett gratis!
Zum Autor
Volker Schmidt ist nicht nur Steuerberater und Vereidigter Buchprüfer – er ist ebenfalls Fachberater für Unternehmensnachfolge und für die Umstrukturierung von Unternehmen. Die SEB Steuerberatung beschäftigt 50 Mitarbeiter und ist seit 1990 auf den Kücheneinzelhandel spezialisiert. Derzeit betreut die Beratungsgesellschaft rund 80 Kücheneinzelhandelsunternehmen unterschiedlicher Größen mit diversen Verbandszugehörigkeiten. Die persönliche Betreuung hinsichtlich betriebswirtschaftlicher, steuerrechtlicher, buchhalterischer und datenschutzrechtlicher Fragen steht dabei im Vordergrund.