Wie Corona die Wohntrends verändern könnte
Bisher hat man beim Holzwerkstoffhersteller Egger Dekore auf Basis von Trendbeobachtungen entwickelt. Untersucht wurden dafür der Möbel-und Innenausbau wie auch soziokulturelle Entwicklungen. Mit der aktuellen Corona-Krise habe sich Einiges verändert. Corona hat zu großen Unsicherheiten bei den Menschen und innerhalb der Wirtschaft geführt. Im Rahmen einer digitalen Trend-Review für die Fachpresse wagten Klaus Monhoff und Stefanie Könemann nun eine Standortbestimmung.
Wie verändert die Corona-Pandemie das Denken bzw. die Gefühlswelt der Menschen?
Klaus Monhoff: Zu dieser Frage gibt es keine eindeutige Antwort, weil sich die Gefühlswelt der Menschen während der Dauer der Pandemie verändert. Zunächst war eine Art Schockstarre und Isolation zu spüren, weil so etwas keiner erwartet hatte und somit wusste man auch nicht, damit umzugehen. Daher gab es bei vielen Menschen aus Angst oder Unsicherheit auch eine Zurückhaltung, die aber mit zunehmender Zeit einer Besserung gewichen ist. Ich sehe inzwischen ein wenig eine Art Halbzeit in Bezug auf die Situation der Gefühlswelt, denn durch die Lockerungen verspürt man schon jetzt, dass die Menschen eher ein Nachholbedürfnis zeigen. Dort, wo der Konsum ohne weitgehende Einschränkungen möglich ist, steigen die Verkaufszahlen mehr als deutlich.
Welchen Einfluss haben diese Veränderungen auch auf das zukünftige Handeln und damit auch auf die Konsumentscheidungen?
Klaus Monhoff: Es wird in den ersten Jahren nach der Pandemie schon ein Umdenken stattfinden. Sobald der „Nachholbedarf“ gestillt ist, werden die Konsumenten insgesamt deutlich bewusster leben und damit auch überlegter einkaufen und konsumieren. Qualität und Nachhaltigkeit werden beim Kauf eine große Rolle spielen und dies wird auf trendige Produkte ebenso einen Einfluss haben. Ich gehe davon aus, dass vermehrt zeitlos und langlebig gekauft wird und weniger mutig jene Produkte mit dem Risiko einer kurzfristigen Haltbarkeit.
Stefanie Könemann: Wohnen und das eigene Zuhause gewinnen wieder mehr an Bedeutung. Das Bedürfnis nach Sicherheit schlägt sich auch in den Kaufentscheidungen nieder. Zeitloses Design und hoher Qualitätsanspruch sind Resultate der intensiven Auseinandersetzung mit den eigenen vier Wänden. Wir verbringen so viel Zeit zuhause wie lange nicht mehr. Daher folgt die Einrichtung nicht einem kurzlebigen Trend, sondern wird langlebig, bewusst und exquisit ausgesucht.
Wie wirkt sich das auf Trends aus? Insbesondere bei Egger.
Klaus Monhoff: Vor wenigen Monaten war der Marktstart der neuen Egger Kollektion Dekorativ für den Handel sowie unsere Hausmesse Eggerzum für die Möbelindustrie. Dabei haben wir auch über diverse Trends gesprochen und diese beispielsweise mit unseren neun Trendwelten überschrieben. Durch den Einfluss der Krise sehen wir nun schon eine Verschiebung bei deren Bedeutung oder Bewertung. Ich sehe zum Beispiel „PureNature“ oder „ModernClassics“ stärker als zuvor, Themen wie „MetalFusion“ oder „ColouredMonochrome“ eher zurückhaltender. Andererseits werden Trendfarben wie aktuell Schwarz bleiben, vielleicht mit etwas weniger Anteil im Möbel oder auch anders kombiniert mit einer warmen Farbe wie Braun. Wenn wir die Erfahrungen aus der Wirtschaftskrise 2008/2009 betrachten, müssen wir damit rechnen, dass wärmere Farben und sehr natürlich orientierte Dekore wichtig sein werden. Ursprünglich dachten wir, dass das Interesse abnehmen würde. Davon gehen wir jetzt nicht mehr davon aus. Wir haben vor der Krise eine Nachfrage nach Braun gesehen, aber mehr, um es mit Schwarz zu kombinieren. Das wird jetzt mit Sicherheit kommen und vielleicht hilft das, den Trend von Schwarz zumindest als Akzent zu beleben.
Stefanie Könemann: Betrachten wir unsere Trendwelten, so wirkt „die neue Normalität“ als Trendverstärker in vielen Bereichen: Das Bedürfnis nach Cocooning findet sich in unseren Trendwelten „PureNature“ und „PerfectImperfection“ wieder und entspricht dem Wunsch, sich geerdet und wohl zu fühlen und das auf individuelle Bedürfnisse abgestimmt. Die Trendwelten „ModernClassics“ und „FutureRetro“ liefern eine Neuinterpretation der Sicherheit des Vertrauten und Bewährten. Wärme und Geborgenheit hingegen vermitteln die Dekore unserer Trendwelt „MattEmotion“, da matte Oberflächen warm und angenehm wirken. Das Bedürfnis nach Klarheit und Ordnung spiegelt sich in den Trendwelten „LightUrban“ und „BlackOptions“ wider, da es sich um helle Farben und klare Strukturen mit dunklen Akzenten handelt. Sich zuhause wohlfühlen spielt mehr denn je eine wichtige Rolle, auch in punkto Möbeldesign. Dennoch besteht neben Natürlichkeit auch der Wunsch nach modernen Elementen. Authentische Holzreproduktionen und schwarze Oberflächen bedienen genau diese Nachfrage. In jedem Fall ist unsere Kollektion breit genug aufgestellt und so vielseitig, um auch neue Anforderungen oder Themen abzudecken, die jetzt wichtiger werden, als ursprünglich erwartet.
Welchen Ausblick in die Zukunft können Sie geben?
Klaus Monhoff: Die Virologen haben bei vielen ihrer Aussagen das Wort „vielleicht“ gebraucht. Das würde ich in Bezug auf einen Ausblick auch gerne verwenden. Vielleicht wird sich was ändern oder man muss vielleicht fragen: Wie lange wird es dauern, bis es wieder wie früher ist oder zumindest ähnlich? Denn eines steht fest, das Verhalten der Kunden wird sich verändern und damit auch das Interesse an bestimmten Produkten. Ich möchte dazu ein Beispiel nennen: In den vergangenen drei bis vier Jahren hatten Beton-Optiken einen riesigen Erfolg. Dieser urbane Stil hat Einzug in vielen Einrichtungen gehalten. Die Corona-Krise hat nun gezeigt, dass das gesundheitliche Risiko auf dem Land geringer war, als in der Stadt. Somit hat das Stadtleben an Qualität auf jeden Fall verloren. Das kann schnell dazu führen, dass Beton-Optiken plötzlich weniger gefragt sind und natürliche Hölzer stärker. Davon bin ich überzeugt, aber es lässt sich nicht vorhersagen, in welchem Umfang diese Verschiebung stattfindet. Ich gehe insofern von einer neuen Zeitrechnung aus, dass wir künftig zwischen der „Zeit vor Corona" und der „Zeit nach Corona“ differenzieren und sprechen werden. Man sagt, dass schlechte Zeiten viel mehr Innovationen hervorbringen, als gute Zeiten. Ich denke, dass dies auch jetzt so sein könnte und dass wir vielleicht im Herbst viele neue Dinge sehen werden – vielleicht.