Was jetzt auf den Küchenhandel zukommt
Jede Hochphase ist einmal vorbei – das ist einer der ehernen Grundsätze der Wirtschaft. Die Frage ist bloß, zu welchem Zeitpunkt und in welcher Geschwindigkeit es wieder abwärts geht. Nach den überraschend guten Corona-Jahren bahnt sich derzeit eine prägnante und gefährliche Situation an, die dafür sorgen könnte, dass der Markt sich weiter bereinigt. Warum das so ist? Weil von mindestens drei Seiten Probleme auf den Küchenhandel zukommen, die als Langzeitfolgen der Pandemie und als direkte Auswirkung des Krieges in der Ukraine entstanden sind. Durch Probleme in den Lieferketten und deutlich gestiegene Rohstoff- und Energiepreise wird die Industrie ihre Preise erhöhen, und zwar mindestens um 15 Prozent. Darüber hinaus wird sich die Nachfrage auf Verbraucherseite abschwächen, denn die Kunden werden aufgrund der unsicheren Zeiten zunehmend zurückhaltender – besonders hinsichtlich größerer Investitionen wie einer neuen Küche. Und drittens wird der zeitliche Ablauf dieser beiden Szenarien Probleme bereiten: Die Rohgewinne werden niedriger ausfallen. Gleichzeitig wird es weniger Anzahlungen und niedrigere Deckungsbeiträge aus weniger Auslieferungen geben. Die Folge: Küchenstudios, die jetzt nicht aufpassen, laufen Gefahr, in die Insolvenz zu rutschen.
Vorausschauend mit Preiserhöhungen umgehen
Jedes dieser drei ineinander verschränkten Gefahrenszenarien sollte nun genau betrachtet und strategisch angegangen werden. Wie geht man mit den Preiserhöhungen für Möbel und Zubehör um? Zunächst ist Schnelligkeit gefragt: Wer heute einen Kaufvertrag abschließt, zahlt den alten Preis, wird die Ware aber voraussichtlich in der Zeit nach der Preiserhöhung erhalten. Maßnahme Nr. 1 ist also: Ware frühzeitig bestellen, um die heutigen Preise zu sichern. Die zweite Maßnahme greift die zukünftige Preiserhöhung auf: Sie sollte bereits jetzt in der Kalkulation berücksichtigt werden. Dazu sollte der prozentuale Unterschied zwischen Netto-Einkaufspreis und Brutto-Verkaufspreis auf vorschlagsweise 220 Prozent hochgesetzt werden. Falls auch die übrigen Kostenerhöhungen weitergegeben werden müssen, beträgt der Kalkulationsaufschlag entsprechend 230 Prozent. Eine dritte Maßnahme betrifft den bereits vorhandenen Auftragsbestand. Für diesen sollte bereits heute die Bestellung ausgelöst werden. Weicht das Aufmaß später ab, können Bestellung, bzw. Auftragsbestätigung nachträglich korrigiert werden.
Trotz Kaufzurückhaltung Kunden gewinnen
Klar, es wird schwieriger werden, Kunden zu gewinnen als in den letzten zwei Jahren. Doch grundsätzlich gilt: Es werden auch in Zukunft Küchen benötigt. Auf absehbare Zeit wird der Markt aber schrumpfen. Wer sich trotzdem Marktanteile sichern möchte, sollte auf die klassischen Instrumente setzen: Zunächst gilt es Kosteneinsparungsmöglichkeiten voll auszuschöpfen. Das ist eigentlich eine Binsenweisheit, doch in der jüngeren Vergangenheit sind die Sparmaßnahmen eventuell nicht ganz so konsequent betrieben worden, wie es der enger werdende Markt nun notwendig macht. Diese Anstrengungen können entweder an die Kunden weitergereicht werden, was zu Wettbewerbsvorteilen führt. Oder sie werden in Maßnahme zwei investiert: Gibt es spezielle Werbung, explizite Werbeaussagen, mit denen jetzt die Kunden angesprochen werden können? Sicher ist: Mit Aktionen wie Werksverkäufen oder ähnlichem kann man auch preisbewusste Kunden ansprechen. Und zuletzt: In Auslieferung, Planung oder Reklamationsbearbeitung schneller und effizienter zu werden, sorgt für zufriedene Kunden und zufriedene Kunden sorgen für neue Kunden. Dazu sollte auf jeden Fall das Empfehlungsmarketing verstärkt angegangen werden.
Liquiditätsengpässe vermeiden
In Krisenzeiten ist die Liquidität oft ein großes Problem. Eigentlich gesunde Unternehmen können, wenn sie nicht aufpassen, in die Zahlungsunfähigkeit rutschen. Um das zu vermeiden, haben Küchenstudios einige Stellschrauben in der Hand, die sie je nach individueller Situation justieren können: Musterküchen schneller zu drehen, bedeutet Umsätze aus bereits bezahlter Ware zu generieren. Bei verkauften Küchen kann sich eine zweite Anzahlung empfehlen, zum Beispiel könnten vier Wochen vor dem Aufbautermin noch einmal 20 Prozent des Kaufpreises gefordert werden. Auf Kostenseite sollten Küchenstudios die Zahlungsziele ihrer Lieferanten ausschöpfen und den Forderungsbestand vermindern. Steuervorauszahlungen können nach unten angepasst werden. Und um Geld zu sparen, sollte bei jeder Investition genau hingeschaut werden: Bringt dieses Invest mehr Kaufverträge? Falls die Antwort „Ja“ lautet, kann gerne investiert werden. Ebenso natürlich, wenn eine Investition unbedingt notwendig ist. In jedem Fall sollte aber geprüft werden, ob die Aufwendung durch einen Bankkredit gedeckt werden kann. Apropos Bank: Für den Notfall sollte auch daran gedacht werden, die Kontokorrentlinien bei der Bank zu erhöhen.
Die Schnellen und Agilen fressen die Großen
Niemand weiß, wie lange die Krisenstimmung anhalten wird. Immerhin ist aber sicher: Küchen werden weiter benötigt und auch verkauft. Die Frage ist also, wie ein Küchenstudio sich im Markt behaupten kann. Und es werden nicht unbedingt die Großen sein, die die Kleinen fressen. Statt Größe sind andere Werte gefragt. Einer davon ist die Stärke, gemessen im Verhältnis zur jeweiligen Größe des Küchenstudios. Wer jetzt gemeinsam mit seinem betriebswirtschaftlichen Berater eine Unternehmensplanung für die nächsten zwei Jahre auf die Beine stellt, bekommt Risiken und mögliche Maßnahmen aufgezeigt – und zwar genauer und individueller als es oben skizziert ist. Weiterer Vorteil einer Planung: Handlungsweisen und Änderungen der Verhältnisse können schnell eingearbeitet werden. Und daraus wiederum lassen sich schnell Maßnahmen ableiten. Der andere Wert ist Schnelligkeit. Wer wendig und agil ist, hat erheblich bessere Chancen durch die Krise zu kommen als langsame, träge Unternehmen. Am Ende bleibt die Hoffnung, dass auch diese Krise, wie schon vor zwei Jahren, schneller vorüber sein wird als gedacht. Heute Vorsicht walten zu lassen, ist aber dennoch besser als morgen aus Nachsicht die Türen schließen zu müssen.