04.08.2010

Schiffe verschwinden, Flugzeuge gehen verloren und wie aus dem Nichts verfärbt sich das Wasser Weiß. Das Bermuda-Dreieck ist eine fiese Gegend. Schon Kolumbus klagte, dass sein Kompass im Gebiet zwischen westlichem Atlantik und nördlicher Karibik verrückt zu spielen pflegt. Wie soll man unter solchen Arbeitsbedingungen auch den Seeweg nach Indien finden?

O.K. – die Entdeckung Amerikas war keine schlechte Alternative für den genuesischen Seefahrer und sein Team, aber das ist eine andere Geschichte.

Was den internationalen Verschwörungstheoretikern und Atlantissuchern ihr mysteriöses Dreieck zwischen der Südspitze des heutigen Floridas, der Insel Costa Rica und den Bermuda Islands ist, ist der heimischen Küchenbranche ihr magisches Quadrat mit den Eckpunkten Mailand, Köln, München und Ostwestfalen. Auch hier kann schon mal etwas verloren gehen.
Die Messelandschaft ist derzeit ordentlich in Bewegung. Mailand und die Eurocucina wurden Mitte April allen flugverhindernden Aschewolken zum Trotz bejubelt wie sonst allenfalls die Callas in den 1950er-Jahren in der benachbarten Scala, und rund um den Kölner Dom sind der LivingKitchen derart kräftige Wurzeln gewachsen, dass sie den Weg vom messeeigenen Gewächshaus ins Freiland mit Bravour vollzogen haben. Die Branche übt den allseits willkommenen Schulterschluss und bucht enthusiastisch Ausstellungsfläche. So viel, dass Messemanager Frank Haubold schon etliche Quadratmeter zuschießen musste. So fühlt sich Vorfreude an.


Im Schatten dieser Messeschwergewichte gedeiht eine weitere Veranstaltung. Die Küchentrends in München. Der Standort gefällt zunehmend mehr Händlern aus dem Süddeutschen und den benachbarten Regionen. Hier können Sie sich auf kurzen Wegen über die Neuheiten der Saison austauschen. Und kurze Wege – das mögen wir in der Küche.
Bleibt Eckpunkt Nummer vier: Ostwestfalen. Im Herz der deutschen (und damit internationalen) Küchenmöbel­industrie stellen alljährlich im Herbst viele bedeutende Geräte-, Spülen- und Zubehöranbieter begleitend zu den Hausmessen der Küchenmöbelhersteller ihre Neuheiten vor.


Was die vier genannten Standorte eint: Dort werden Küchen und deren Zutaten gezeigt. Was sie unterscheidet, ist der Anspruch an die Zielgruppe. Mailand setzt auf den etwas abgehobenen Glanz einer designbetonten Internationalität. Für Köln spielt das Kriterium Internationalität ebenfalls eine wichtige Rolle, darüber hinaus werden an den Publikumstagen viele potenzielle und kaufkräftige Küchenkäufer mit ihrer vielleicht noch gar nicht so präsenten Lust an einer neue Einbauküche konfrontiert. Die Küchentrends in München und die Veranstaltungen in Ostwestfalen sind hingegen reine Fachmessen mit B-2-B-Charakter, bei denen das Endverbraucherpublikum aus gutem Grund nichts zu suchen hat. Oder sollen Prototypen und Produkt­ideen künftig erst mit Erna Müller und Hans Meier statt mit den Handels- und Verbandskunden diskutiert werden?


Aktuell melden sich nebulöse Stimmen, die angesichts einer starken LivingKitchen an der Existenzberechtigung der Herbstmessen samt Küchenmöbel-Hausausstellungen, Focus Küche & Bad, Forum 26 und weiteren Unternehmenspräsentationen wie auf Gut Böckel oder im House 4 Kitchen zweifeln. Wer versucht, diese beiden Veranstaltungsevents gegeneinander auszuspielen, vergleicht Äpfel mit Birnen und erweist der Branche einen Bärendienst.


Der Küchenfachhandel in Deutschland braucht eine starke internationale Küchenmesse mit zusätzlicher Publikumsansprache, wie es die ­LivingKitchen zu werden verspricht – und er braucht ein starkes Fachhandelsforum, wie es die Veranstaltungen der Herbstmessen längst sind. Zusammen wird ein Schuh daraus. Für undifferenzierte Entweder-Oder-Ideen ist das Bermuda-Dreieck zuständig.


Dirk Biermann, Chefredakteur
d.biermann@kuechenplaner-magazin.de


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