Alle wissen Bescheid
Wer sich mit Softwareentwicklern unterhält, läuft Gefahr, vor lauter Begeisterung für automatisierte Prozesse unversehens immer tiefer in die jeweilige Anwendung hineingezogen zu werden. Dann geht es plötzlich nur noch um Schnittstellenmanagement, Datenformate und kryptisch klingende Abkürzungen. Wer sich mit solchen Themen nicht auskennt, verliert leicht den Blick für das große Ganze. Auch Thomas Leimbrock bewegt sich mit viel Fachwissen in der digitalen Welt. Doch zum Glück für den Gesprächspartner mit den Schwerpunkten Marketing und Vertrieb. So kann der Gründer des Herforder Unternehmens SNAG TAL den Zweck und Nutzen seines Angebots auch für den semiprofessionellen IT-Laien verständlich erklären: „Eine der häufigsten Fehlerquellen und ein großer Kostenfaktor im Küchen- und Möbelhandel ist die immer noch übliche Kommunikation auf Papier. Hier setzen wir mit unserer digitalen Komplettlösung SNAG an und bieten maximale Information und Transparenz für die Organisation einer fehlerfreien und schnellen Montage. Dazu bündeln wir die Daten eines Küchenauftrags aus Industrie und Handel zu einem neuen Paket für den Monteur. So hat der Fachmann vor Ort alle für ihn relevanten Informationen zu diesem einzelnen Auftrag zur Hand. Papierlos und immer aktuell, auch auf dem Tablet oder Smartphone in der SNAG-App“.
Mit diesem Angebot wird das Unternehmen zur Datendrehscheibe und das Produkt SNAG zum „Montage-Multitool für die Lieferung und Montage von Möbeln aller Art“, so Thomas Leimbrock. Es digitalisiert, automatisiert und bündelt Prozesse, verknüpft Daten, protokolliert, dokumentiert und ermöglicht eine autarke Kommunikation.
Für den mobilen Einsatz ist es offlinefähig für Android und IOS konzipiert. Individuelle Protokolle und angepasste Checklisten dokumentieren die Arbeit lückenlos und erleichtern zudem die Arbeit der Monteure. Davon profitieren Lieferanten, Händler und Endkunden gleichermaßen. Und in der Summe spart es, wie eingangs erwähnt, Zeit, Geld und Nerven.
Problemlösung ohne Rückfragen
Die digital protokollierte Montageabnahme ist deutlich weniger fehleranfällig als die herkömmliche Zettelwirtschaft. Diese noch immer verbreitete Praxis kann bei zum Teil konkurrierenden Daten, die von unterschiedlichen Stellen erhoben werden, eine ständige Quelle von Unstimmigkeiten, Unklarheiten und Reklamationen sein. SNAG versteht sich im Digitalisierungsprozess als Komplettlösung für alle Daten von der Auftragsvorbereitung bis zur Abnahme. Und sollte am „Point of Doing“, so nennt das Unternehmen die Montage vor Ort, doch einmal ein Fehler auftauchen, kann die Reklamationslösung sofort auf den Weg gebracht werden. Natürlich digital und „rückfragenfrei“, wie Thomas Leimbrock den Prozess beschreibt.
Dazu hat das Unternehmen auf der area30 im September 2023 einen weiteren innovativen Ansatz für die SNAG App vorgestellt. Dieser wurde gemeinsam mit dem Industriepartner Bauformat Küchen entwickelt. Thomas Leimbrock beschreibt die Neuerung so: „Bei der Reklamationsbearbeitung identifiziert der Monteur wie gewohnt zunächst den jeweiligen Fehler. Durch die Bereitstellung aller auftragsbezogenen Ersatzteildaten des eingebundenen Küchenherstellers in der App kann der Monteur sofort die betroffenen Artikel auswählen und die weitere Bearbeitung bzw. Fehlerbehebung/Nachbestellung anstoßen. Über eine Schnittstelle kann dann der Datentransfer via SNAG z.B. in die Warenwirtschaft des Händlers erfolgen". Zu den Artikeln kann der Industriepartner Tipps und Anleitungen, Hilfelinks und FAQs dem Monteur verfügbar machen. Und das bis auf Lieferantenebene. Diese Lösung sei einzigartig in der Branche und steigere die Effizienz in der Auftragsabwicklung enorm bei gleichzeitiger Kostenersparnis.
Weitere visuelle Unterstützung
Seit kurzem kooperiert das Unternehmen mit dem Softwarehaus Dein-Konfigurator. Diese Zusammenarbeit bietet weitere Mehrwerte in der Prozesssicherheit und im Reklamationsmanagement. Über die SNAG-Schnittstelle zu Dein-Konfigurator werden auftragsbezogene Geräte-, Spülen und Zubehördaten in Form von Bildern, Videos, Dokumenten oder Links automatisiert angereichert bzw. ergänzt. Diese Informationen stehen den Monteuren tagesaktuell, d.h. in Echtzeit zur Verfügung. Für die Dokumentation von Problemen und Reklamationen seien dies wertvolle Hilfsmittel, die eine rückfragefreie Weiterbearbeitung ermöglichen und unterstützen. Thomas Leimbrock: „Mit unserer Anwendung behält jeder Monteur jederzeit die absolute Prozesskontrolle. Der Aufwand reduziert sich erheblich, die Reklamationsbearbeitung wird zum ,Kinderspiel', die Montagequalität und die Endkundenzufriedenheit steigen. Und das alles, weil wir alles aus einer Hand anbieten können.“
Über die Küche hinaus
Grundsätzlich können die digitalen Werkzeuge von SNAG TAL produkt- und branchenunabhängig eingesetzt werden. Das Unternehmen hat sich jedoch auf die Möbel- und Küchenindustrie spezialisiert. Auch Tischlereien gehören zu den Kunden. Und zunehmend die Industrie. Denn die Auftragsorganisation und Prozesssteuerung von Musterküchen lässt sich mit der SNAG-Software ebenfalls digital realisieren. „Der Kojenbau für Musterküchen ist noch einmal deutlich komplexer als die Planung einer Einbauküche“, erläutert Thomas Leimbrock den Hintergrund. Denn neben den Möbeln und deren Ausstattung müssen Ausstattungselemente wie Bodenbeläge, Tapeten, Beleuchtung und vieles mehr dargestellt werden. Papierlos und zentral von einem Ort aus organisiert, spart die SNAG-App auch beim Bau von Musterküchen Zeit und Geld. Thomas Leimbrock beziffert die Zeitersparnis auf bis zu 30 Prozent pro Auftrag.
Aus der Praxis: Digitalisierter Workflow rund um den Kunden
Seit Anfang des Jahres vertraut auch Rotpunkt Küchen die digitale Steuerung seiner Musterküchen SNAG TAL an. Mit dem Küchenmöbelhersteller aus Bünde verbindet das Unternehmen inzwischen eine enge Partnerschaft und viele weitere Digitalisierungsprojekte. So wird in einem fortschreitenden Prozess der gesamte „Workflow rund um den Kunden“ digitalisiert. Umgesetzt mit einem individuellen, auf die Bedürfnisse von Rotpunkt zugeschnittenen CRM-System, das vielfältige Arbeitsschritte im Außendienst, Innendienst und der Vertriebssteuerung (Geschäftsführung) miteinander verzahnt und die Prozesssicherheit und Informationstransparenz auf ein neues Niveau hebt. CRM ist die Abkürzung für Customer-Relationship-Management und bedeutet übersetzt Kundenpflege.
Auch das Konditionsmanagement konnte noch effektiver gestaltet werden. „Das System bildet die gesamte interne Kommunikation ab und automatisiert sie“, beschreibt Thomas Leimbrock den auf Ganzheitlichkeit ausgelegten Funktionsumfang. Neben diesen Lösungen für das Intranet von Rotpunkt Küchen konzipierte und realisierte der Softwaredienstleister digitale Projekte für die Zusammenarbeit des Küchenmöbelherstellers mit dem Handel im Extranet. So zum Beispiel einen „Auftragspiloten“, der jedem Fachhandelspartner des Herstellers ein Höchstmaß an Auftragstransparenz verschafft, einen B-to-B-Shop zur Ersatzteilbestellung sowie ein Analysetool zur Vertriebssteuerung. Ziel ist die Verzahnung von Außendienst und Sachbearbeitung zur weiteren Steigerung des Kundennutzens. In diese Kategorie fällt auch eine neue Wissensdatenbank für den Handel. Diese soll dazu beitragen, das variantenreiche Angebot von Rotpunkt Küchen für den Handel noch transparenter zu machen. Einige inhaltliche Elemente dieser Datenbank werden parallel auch in der Endverbraucherkommunikation eingesetzt.
Dirk Biermann
Haken dran
Hinter dem im Jahr 2021 gegründeten IT-Startup SNAG TAL stehen die drei Gründer Thomas Leimbrock (Marketing und Vertrieb), Anke Lübbe (Organisation und Vertrieb) und Lars Pilgrim (IT). Die Anfangsbuchstaben der drei Vornamen bilden die Abkürzung TAL im Firmennamen. SNAG ist die englische Bezeichnung für Haken. Einmal um die Ecke gedacht, erschließt sich auch diese Gedankenkette. Mit der Software SNAG kann man nach Ansicht des Anbieters an viele Probleme, die bei der Abwicklung eines Möbel- oder Küchenauftrags typischerweise auftreten, einen Haken machen. Zwei Produkte werden angeboten: SNAG-web als Desktop-Lösung und SNAG-App als mobile Anwendung. Die Ideen dazu kamen dem Gründer Thomas Leimbrock aus der Praxis. Der 48-jährige Familienvater ist seit über 20 Jahren in der Küchenbranche tätig. Mit Stationen im Handel (Küchen Aktuell) und in der Industrie. Mit Lars Pilgrim hat er den perfekten IT-Spezialisten und Geschäftspartner gefunden, um diese Ideen umzusetzen und kontinuierlich auszubauen: So wird derzeit unter anderem eine Schnittstelle zur cloudbasierten Warenwirtschaft KüchenDesk realisiert. Auch die Zusammenarbeit mit Albrecht Arenz von Dein Konfigurator (Digitales Verkaufshandbuch, Produktfinder etc.) soll weiter ausgebaut werden. Ein weiteres Zukunftsthema ist der Digitale Produktpass, der nach Meinung von Insidern Industrie und Handel noch vor besondere Herausforderungen stellen wird. Auch IT-Experte Lars Pilgrim hat bereits Möbelluft geschnuppert. Während seiner Zeit beim Systemmöbelhersteller Flötotto.
Anfang 2024 gründeten Thomas Leimbrock und Lars Pilgrim ein weiteres Unternehmen: die SNAG Solutions GmbH & Co. KG. Unter diesem Dach - und eingebunden in ein offenes Netzwerk von vier weiteren Softwarehäusern - werden firmenspezifische Intra- und Extranet-Lösungen entwickelt (wie im Text am Beispiel von Rotpunkt Küchen exemplarisch dargestellt).