04.05.2017

Moderne Geräte beanspruchen einen immer höheren Umsatzanteil am Gesamtensemble Einbauküche. Früher galt das Verhältnis „60% Holz, 40% Geräte“ als zuverlässige Faustregel, inzwischen wird „50/50“ längst als realistischer gesehen. Mit Tendenz zu weiteren Verschiebungen hin zum Gerät.

Immer mehr Hersteller statten ihre Backöfen mit Sous-vide-Funktion aus. Neff gehört neu dazu. Foto: Neff

Natürlich dürfen dabei nicht Äpfel mit Birnen verglichen werden. In den Einstiegssegmenten und der moderaten Mitte des Marktes regieren neben den entsprechend einfacher positionierten Einzelmarken oft die Handels- und Exklusivmarken der auf Komplettvermarktung zielenden Küchenmöbelhersteller. Doch wenn es anspruchsvoller wird und Holz und Gerät individuell geordert werden, spielt die Elektroware ihre Stärken aus. Gut ausgestattete Backöfen, Kochfelder und Dunsthauben sind längst Lifestyle-Faktoren, die schnäppchenjagende Kunden in begeisterte Fans verwandeln können. Der zunehmende Erfolg der Muldenlüfter befeuert dies zusätzlich. Kostennoten von zwei-, drei- oder gar viertausend Euro für einzelne Komponenten werden vom Küchenkäufer vielleicht nicht unbedingt geschätzt, aber hingenommen. Aufwallende Emotionen kannten schon immer den direkten Weg zur Geldbörse. So dürften die Geräte maßgeblich dafür verantwortlich sein, dass die Durchschnittserlöse pro verkaufte Küche seit Jahren steigen. Vor allem bei Planungen von 20.000 Euro und mehr gab es laut GfK zuletzt überproportionale Zuwächse. Die premiumbedachten Holzfachleute des Marktes dürften dies argwöhnisch im Blick haben.

Hauptdarsteller im „Erlebnisraum Küche“
Auch auf der LivingKitchen wurde deutlich, dass die Gerätetechnik den „Erlebnisraum Küche“ zunehmend emotional dominiert. Fast alle führenden Hersteller waren vertreten und drehten mit sinnlich geprägten Präsentationen das ganz große Messe-Rad. Die Schlagzeilen der Messeneuheiten rund ums ­Kochen, Backen und Garen drehen sich um Begriffe und Funktionen wie „Sous-vide“, „Backöfen mit Kerntemperatursensoren“, „Vollflächen-Induktion“, „Kochfelder mit vordefinierten Temperaturzonen“, „modulare Kochzentren“ – und natürlich „Muldenlüftung“. Kochfelder mit kratzfesten Oberflächen waren zu sehen. Ebenso Hauben, die drahtlos via Bluetooth Musik abspielen. Überhaupt Hauben: Der Dunstabzug nach unten ist ein Renner und kommt laut GfK aktuell auf einen Marktanteil von etwas über 8 %. Die traditionelle Wand- und Insellösung wird diese Lösung aber nicht verdrängen. Erstens weil eine Muldenlüftung technisch an ihre Grenzen kommt, wenn in vielen Töpfen und Pfannen gleichzeitig gekocht wird, und zweitens weil das Gerät an Decke oder Wand auch ein Design-Statement ist – selbst wenn es im identischen Dekor wie die Küchenfront gestaltet ist. Oder gerade deshalb. Ob eine so gestaltete Haube umsatztechnisch dann noch zum Gerät oder zu Teilen schon zum Holz gezählt wird, bleibt spitzfindigen Statistikern überlassen.

Noch keine große Rolle
Und die Vernetzung? Ja, die findet statt, und immer mehr Hersteller sind in der Lage, ihre Geräte entsprechend auszustatten. Aber ein wenig scheint das Thema noch immer wie in einer Art Prototypen-Status festzustecken. Dran vorbeiführen wird der Weg ganz sicher nicht, aber er scheint länger zu sein, als es manch ein Hersteller im ersten Rausch der Möglichkeiten gedacht oder gehofft hat. Ähnliches gilt für die Sprachsteuerung. Sie ist da, sie wird noch viel mehr Bedeutung erlangen – aber im Moment spielt sie im real existierenden Küchenalltag noch keine Rolle. Ausnahmen bestätigen wie stets die Regel. (Dirk Biermann)

 

In der Ausgabe KÜCHENPLANER 3/4 2017 haben wir zahlreiche aktuelle Neuheiten rund ums Kochen, Backen, und Garen zusammengestellt. Die meisten davon stammen von der LivingKitchen. Über die Neuheiten aus dem Herbst 2016 haben wir schon in den drei vorangegangenen Ausgaben berichtet, nachlesen können Sie sämtliche Meldungen komplett auf www.kuechenplaner-magazin.de.