03.08.2023

Nie wieder Backofen putzen. Das versprechen die Hersteller von Elektrobacköfen mit der Pyrolyse-Selbstreinigung. Doch hält die Technik, was die Werbung verspricht? Die Stiftung Warentest meint: geht so. Das Editorial aus Ausgabe 7/8 2023.

 

Dirk Biermann, Chefredakteur KÜCHENPLANER online/offline

„Genießen Sie einen schönen Abend mit einem perfekten Braten in vollen Zügen. Denn um die Reinigung des Ofens müssen Sie sich dank Pyrolyse nicht mehr selbst kümmern. Egal, ob Fettspritzer oder andere eingebrannte Speisereste – bei der pyrolytischen Selbstreinigung zerfallen sämtliche Speiserückstände zu Asche und lösen sich damit restlos von den Oberflächen im Garraum ab.“
Oder: „Den Backofen von Hand zu reinigen, ist anstrengend und meist auch zeitaufwändig. Unsere Backöfen mit Pyrolyse-Selbstreinigung befreien dich ein für alle Mal von dieser lästigen Aufgabe.“
Oder auch: „Die pyrolytische Reinigung ist eine waschmittelfreie Reinigungsmethode, die dank der speziellen Türschutzfunktionen automatisch, effektiv und absolut sicher ist. Der Ofen erhitzt sich auf 480⁰C, wodurch alle Flecken, Rückstände, einschließlich der härtesten Fettmarkierungen, eliminiert werden. Durch die pyrolytische Reinigung ist es nicht notwendig, den Ofen von Hand zu reinigen. Kein Geld mehr für Reinigungsmittel verschwenden, aber auch wertvolle Zeit sparen.“

Werbeaussagen wie diese lassen Verbraucher aufhorchen. Denn der Nutzen „Selbstreinigung“ lockt. Und so werden, wenn es das Budget zulässt, gerne einige Euros mehr investiert als ursprünglich geplant. Pyrolyse-Backöfen liegen laut GfK im Trend und sind mitverantwortlich für die stetig steigenden Durchschnittswerte in der Küche. Dass Fett oder Speisereste ohne Chemie und lästiges Putzen einfach verbrannt werden, klingt in der Tat verlockend. Doch im Testlabor wurde deutlich: Die erhoffte Arbeitserleichterung fällt in der Praxis mager aus.
Die Stiftung Warentest hat in diesem Frühjahr elf aktuelle Einbaubacköfen mit Pyrolysefunktion untersucht. Stellt man die Selbstreinigung ein und dreht die Temperatur entsprechend hoch, sollen sich die Geräte wie beschrieben selbst reinigen. Im Test habe das aber bei keinem der Geräte wirklich funktioniert, bemängeln die Tester. Nur drei der elf Modelle bewerteten die Prüfer als „gut und sehr sicher“. Bei einem Gerät wurde die Ofentür so heiß, dass es mit "mangelhaft" bewertet wurde. Immerhin gibt es auch eine gute Nachricht: Fast alle Backöfen lieferten gute Backergebnisse.

Blättert man in den teils 100 Seiten starken Bedienungsanleitungen der Hersteller zum Stichwort Pyrolyse, so wird deutlich, dass „Selbstreinigung“ ein dehnbare Begriff ist und dass es um weit mehr geht als um „Auswischen und fertig“. Denn die Liste der vorbereitenden Tätigkeiten und Sicherheitsaspekte ist lang. Grobe Verschmutzungen sollten vor der Selbstreinigung auf jeden Fall entfernt werden. Denn lose Speisereste, Fett oder Bratensaft können sich während des Reinigungsvorgangs entzünden. Wichtig zu wissen: Sämtliches Zubehör entfernen (die Gestelle können ggfs. bleiben), keine Geschirrhandtücher am Griff hängen lassen und Kinder während der zwei- bis dreistündigen Reinigung vom Backofen fernhalten. Bei den genannten Temperaturen von bis zu 500° C werden die Geräte außen sehr heiß. Auch bei den Modellen, die im Test besser als mit mangelhaft abgeschnitten haben.

Das alles spricht natürlich nicht gegen Backöfen mit Pyrolyse. Aber in Zeiten, in denen Verbraucherinnen und Verbraucher Plug & Play erwarten, öffnet der beratungsfreie Verkauf der Reklamationen Tür und Tor. Und damit auch negativen Bewertungen im Netz oder in Empfehlungsgesprächen unter Freunden und Nachbarn. NATÜRLICH sollte jeder Küchennutzer vor der Inbetriebnahme eines Gerätes die Bedienungsanleitung aufmerksam studieren. Aber wer tut das schon? Bei der Pyrolyse wäre ein zusätzlicher Hinweis darauf hilfreich. Ebenso eine fachliche Beratung über Nutzen und Grenzen dieser Technologie.

Dirk Biermann
Chefredakteur KÜCHENPLANER online/offline