05.07.2024

Digitale Prozesse in der Buchhaltung des Küchenhandels

Das Versprechen der Digitalisierung ist es, alles schneller, einfacher und besser zu machen. Und dieses Versprechen hält sie auch, solange man alles richtig macht. Nachlässigkeiten wiederum können zu Problemen führen – auch mit dem Finanzamt.

Ingo Anneken ist seit 2009 Geschäftsführer der SEB Steuerberatung. Gemeinsam mit seinen Kollegen unterstützt er die Kunden über die klassische Steuerberatung hinaus hinsichtlich einer Vielzahl an betriebswirtschaftlichen Fragen – von der Rechtsformoptimierung bis hin zur Existenzgründung. Foto: SEB Steuerberatung

Ingo Anneken von der SEB Steuerberatung über Chancen und Risiken der digitalen Buchführung.
Digitale Werkzeuge werden mittlerweile in jedem Betrieb und damit auch im Kücheneinzelhandel eingesetzt. Und damit sind nicht gleich komplexe KI-Systeme gemeint – auch die gute, alte E-Mail zur Kommunikation mit Kunden und Lieferanten hat ihren festen Platz in den täglichen Abläufen im Küchenstudio gefunden. Per Mail werden Planungen gemacht, Rechnungen verschickt, Vertragsdetails ausgehandelt. Und die E-Mail ist nicht das einzige digitale Hilfsmittel. Hinzu kommen Kalkulationsprogramme, Software zur elektronischen Bestellung der Ware bei der Industrie, zur Auftragsbestätigung und für die elektronische Wareneingangsrechnung. Viele Küchenstudios wickeln auch die Montage digital ab.

Die Chancen der Digitalisierung
Wer sich noch an die Zeiten erinnert, bevor der Computer zur Standardausstattung im Büro gehört, weiß wie viele (unangenehme) Tätigkeiten durch Digitalisierung weggefallen oder jetzt deutlich schneller abgearbeitet sind. Darin liegen die enormen Chancen der Digitalisierung – auch für den Küchenhandel: Prozesse werden beschleunigt, die Belegablage, die Kundenakten etc. können so organisiert werden, dass jeder im Betrieb einheitlich auf die Daten zugreifen kann und per Knopfdruck auf demselben Wissensstand ist. Gesuchte Informationen sind erheblich einfacher zu finden. Beschäftigte erhalten so mehr Ressourcen für Prozesse, die nicht digitalisiert werden können oder die der Mensch eben doch besser kann als die Maschine: die Beratung zum Beispiel. Kosten werden reduziert, Fehler können durch Automatisierung minimiert werden. Dank höherer Effizienz und reduzierten Kosten wird das Küchenstudio wettbewerbsfähiger. Dieser Segen der Digitalisierung erfordert allerdings Sorgfalt und bedeutet, dass die Prozesse im Unternehmen sauber aufgesetzt werden, sodass alle Daten ohne maschinellen Zwischenschritt in das Buchhaltungsprogramm eingelesen werden können.

Zugriff auf sensible Daten
Letzteres ist nicht nur notwendig, um unnötige Doppelarbeiten zu vermeiden – es ist auch unerlässlich, um fiskalische Risiken zu minimieren. Denn besonders hinsichtlich der eventuellen Prüfungen durch das Finanzamt bestehen erhebliche Risiken. Je nach Digitalisierungsgrad des Küchenstudios sind unterschiedliche und umfangreiche steuerrechtliche Anforderungen zu beachten. Und im Falle einer Steuerprüfung muss alles korrekt nachgewiesen werden können. Kommt es zu einer Prüfung, sind dem Finanzamt Zugriff auf alle genannten Daten einzuräumen – auch auf den E-Mail-Verkehr haben speziell geschulte Finanzbeamte Zugriff. E-Mails nämlich sind Handelsbriefe und entsprechend erstreckt sich die Aufbewahrungspflicht auch auf sie. Ist nun der digitale Schriftverkehr mit Kunden und Lieferanten nicht in den jeweiligen Akten abgelegt, werden im Falle einer Steuerprüfung auch die Postfächer des E-Mail-Programms Teil der Steuerprüfung. Und das kann unerwünschte Nebenwirkungen haben: Zum Beispiel könnte der Prüfer eventuell über eine E-Mail des Steuerberaters stolpern und Inhalte sehen, die eigentlich der Verschwiegenheitspflicht unterliegen.  

Erklärungsnotstand nach Jahren
Und nicht nur das kann zum Problem werden. Wenn die Digitalisierungsprozesse nicht ordentlich aufgesetzt sind, die buchhaltungsrelevanten Daten also nicht eingelesen werden (können) und per Hand an die Buchhaltung durch Neueingabe übertragen werden, entstehen leicht Differenzen zwischen den einzelnen Datenbeständen. Weicht zum Beispiel der Rechnungsausgang an den Kunden um 20 Prozent gegenüber den verbuchten Umsätzen ab, gibt es große Probleme. Und das kann leicht passieren, wenn die Prozesse nicht abgestimmt sind: Der Küchenhändler nutzt ein Modul des Planungsprogramms als Programm zur Erstellung der Rechnungen an die Kunden. Es gibt aber keine Schnittstelle zum Buchhaltungsprogramm. Vielmehr werden die Rechnungen an die Kunden gedruckt und dann manuell im Buchhaltungsprogramm erfasst. Da es keinen automatischen Abgleich gibt, entstehen mangels Erfassung von Rechnungskorrekturen im Planungsprogramm große Differenzen zwischen den beiden Programmen. Zum Beispiel, wenn der Händler Reklamationsnachlässe gewährt, die nur in der Buchhaltung erfasst werden. Der Steuerprüfer weiß das natürlich nicht – und sieht nur die Summe der Ausgangsrechnung. Solche Differenzen müssen dann dem Finanzamt erläutert werden. Die Erfahrung zeigt, dass dies in der Regel ziemlich schwierig ist. Oftmals liegen nämlich Jahre zwischen der E-Mail-Kommunikation und der digitalen Betriebsprüfung. Deswegen sollte das Thema Digitalisierung nicht nur nebenbei behandelt werden, sondern als eigenständiger Prozess im Küchenstudio implementiert werden – und zwar am besten mit fachkundiger Beratung durch einen Steuerfachmann. www.seb-steuerberatung.de

www.seb-steuerberatung.de

 


Handlungsempfehlungen
Erste Schritte, um Digitalisierungsprobleme zu vermeiden

  • Den E-Mail-Ein- und Ausgang in den digitalen Kunden- und Lieferantenakten erfassen und dann im Ein- und Ausgang löschen.
  • Rechnungskorrekturen von Kundenrechnungen immer erst im Rechnungsschreibprogramm erfassen und dann erst der Buchhaltung zur Verfügung stellen.
  • In der Buchhaltung keine Rechnungskorrekturen ohne Beleg aus dem Rechnungsschreibprogramm erfassen.
  • Keine Vorab- und Proforma-Rechnungen schreiben. Die Anzahlungsrechnungen bei den Endrechnungen immer im Rechnungsschreibprogramm offen als Minus berücksichtigen.
  • Nicht angenommene Angebote von Kunden als solche kenntlich machen.