Gewagt und gewonnen
Ein SieMatic-Studio für die anspruchsvolle Kundschaft und etwa 100 Meter entfernt ein separates Studio mit einer Handelsmarke für die etwas weniger betuchte Kundschaft. Der Plan von Mario Portius hatte Hand und Fuß. Mit diesem Konzept konnte der Küchenspezialist am stark frequentierten Barfußgäßchen in der Leipziger Innenstadt Kunden mit unterschiedlichen Vorstellungen und Budgets ansprechen. „Das hat gut funktioniert“, berichtet Portius von reger Nachfrage auf Kundenseite und reibungslosen Abläufen in der Zusammenarbeit mit dem Exklusivlieferanten des Handelsmarkenkonzepts, einem der führenden Küchenmöbelhersteller aus Ostwestfalen. Seit 2016 war er mit diesem Angebot auf dem Markt. An der Ladenfront prangte das Logo „ai-Küchen“. Das benachbarte SieMatic-Studio betreibt er schon seit 2005.
Doch trotz des wirtschaftlichen Erfolgs war er als Inhaber der „Küchen der besonderen Art GmbH“ nicht rundum zufrieden. Den Firmennamen hatte er offensichtlich nicht zufällig gewählt: Die inhaltliche Ausrichtung des zweiten Standbeins war Mario Portius nicht besonders genug, der Name „ai“ zu erklärungsbedürftig. Zudem war man planerisch eingeschränkt und stieß in Verbindung mit einer ordentlichen Geräteausstattung preislich immer häufiger an die Grenzen einer klaren Abgrenzung zum Premium-Angebot einer SieMatic-Planung.
„Seid ihr verrückt geworden?“
Als Sohn Maximilian Portius nach seinem Abschluss an der Möbelfachschule (2017) und praktischen Erfahrungen im Küchenhandel in München im Frühjahr 2020 in den elterlichen Betrieb einstieg, bekamen die Überlegungen zusätzliche Dynamik. Beide Küchenspezialisten waren sich einig, neue Wege gehen zu wollen. „In Leipzig und Umgebung suchen 80 Prozent der Kunden in der Einstiegspreislage“, berichtet Maximilian Portius, „da macht es keinen Sinn, den 81. Prozentpunkt abdecken zu wollen.“ Und so brachte er eine neue Idee ins familiäre Brainstorming ein: „Wie wäre es mit einem zweiten Markenstudio? Als Ergänzung zum erfolgreichen SieMatic-Showroom?“ Vater Mario war spontan eher mittelbegeistert. „Eigentlich hatte ich sogar Bauchschmerzen“, erzählt er heute. Die Befürchtung war, dass sich zwei zu ähnliche Angebote bei einer weitgehend identischen Kundschaft gegenseitig die Aufträge wegnehmen würden. Eine Einschätzung, die auch private Freunde und Geschäftspartner teilten. Manche fragten sogar offen: „Seid ihr eigentlich verrückt geworden?“
Kontakt auf Augenhöhe
Doch Mario und Maximilian Portius folgten beharrlich und mit voller Überzeugung ihrem Markenbewusstsein. Nach kurzem Sondieren war ein möglicher Kandidat gefunden: LEICHT Küchen in Waldstetten. Über Jahre gewachsene Kontakte bestanden bereits. Und weil die persönliche Chemie mit Geschäftsführer Stefan Waldenmaier und weiteren Ansprechpartnern wie Ulrich Barth (Vertriebsleiter), Christian Placho (Vertriebsleitung Nord) und Jens-Peter Hauschild (Gebietsverkaufsleiter) stimmte, wurde aus dem Plan eine Vereinbarung. „Die menschliche Komponente stimmte, das hat die Bauchschmerzen gelindert und mich überzeugt“, berichtet Mario Portius. Es sei eine Geschäftsbeziehung auf Augenhöhe. „Das gefällt mir.“
Das bestätigt auch Maximilian Portius. Der ist zusätzlich auch inhaltlich von der neuen Verbindung überzeugt. Schon während seiner Münchner Zeit (bei Asmo Küchen) kam er als Planer intensiv mit dem Sortiment in Berührung und weiß die hohe Qualität sowie einige Alleinstellungsmerkmale der Architekturmarke zu schätzen.
Im laufenden Corona-Hochbetrieb
So begann Ende 2022 der Umbau des Studios „ai-Küchen“ im Barfußgäßchen 11 zum Showroom „LEICHT Leipzig“. Die Eröffnung folgte im Frühjahr 2023. Damit nicht genug, hatte das Unternehmen im ersten Schritt bereits das SieMatic-Studio am Barfußgäßchen 15 komplett modernisiert. Beide Projekte wurden während der Corona-Hochkonjunktur bei laufendem Betrieb realisiert. Eine beachtliche Leistung.
Rund eineinhalb Jahre nach der Eröffnung sind Mario und Maximilian Portius mit der Entwicklung sehr zufrieden, wenngleich die gesamtwirtschaftliche Lage und die gedämpfte Stimmung im Land auch ihr Geschäft beeinflussen. Die Zuständigkeiten sind jedenfalls klar geregelt: Der Vater leitet das SieMatic-Studio, der Sohn den LEICHT-Showroom. Die Gesamtverantwortung als Inhaber des Unternehmens „Küchen der besonderen Art“ ging vor zwei Jahren auf Maximilian Portius über. Damit hat der heute 62-jährige Mario Portius seine Nachfolge vorausschauend geregelt. Neben den beiden Küchenspezialisten, die für Planung und Verkauf zuständig sind, beschäftigt das Unternehmen, langjähriges Mitglied bei DER KREIS, fünf weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, darunter zwei angestellte Monteure.
Ergänzung statt Konkurrenz
Die anfängliche Befürchtung, die beiden Studios könnten sich gegenseitig „kannibalisieren“, hat sich ins Gegenteil verkehrt: Sie ergänzen sich hervorragend. „Viele Kunden kommen gezielt zu einer der beiden Marken und schauen sich dann auch die andere an.“ Fündig werden sie in einer der Markenwelten meistens. Welcher Premium-Kunde sich von welchem Angebot begeistern lässt, sei schwer zu sagen, aber der typische SieMatic-Kunde sei eher konservativ und tendenziell älter, der typische LEICHT-Kunde designaffiner und im Vergleich vielleicht etwas jünger.
Und noch eine Einschätzung musste Mario Portius revidieren. „Anfangs dachte ich, dass wir mit der neuen Marke die Luxuswelt von SieMatic ergänzen, aber inzwischen werden viele hochwertige Planungen gerade mit LEICHT realisiert.“ Was sein Sohn scherzhaft kommentiert: „Das kann aber auch am Verkäufer liegen.“
Dirk Biermann