17.09.2024

Vor zwei Jahren stellte Blanco mit dem „Multi Frame“ eine echte Innovation für den Unterschrank vor: ein vormontiertes Element mit Spüle, Wassersystem und Abfalltrennung. So einfach zu installieren wie ein Backofen. Was ist daraus geworden und wie geht es mit dem Konzept weiter?

Verantwortlich und treibende Kraft hinter dem Konzept „Multi Frame“: Thomas Funke vom Blanco-Produktdesign. Foto: Biermann

„Multi Frame“ vereint Spüle, Wassersystem und Abfalltrennung in einem 60 cm breiten Installationsmodul. Der Installationsrahmen an der Rückseite organisiert die Zu- und Abläufe. Das bringt Ordnung in den Unterschrank und nutzt den vorhandenen Platz optimal aus. Foto: Blanco

„Multi Frame“ vereint Spüle, Wassersystem und Abfalltrennung in einem 60 cm breiten Installationsmodul. Der Installationsrahmen an der Rückseite organisiert die Zu- und Abläufe. Das bringt Ordnung in den Unterschrank und nutzt den vorhandenen Platz optimal aus. Foto: Blanco

Darüber sprachen wir mit Thomas Funke, Blanco Product Design. Er gilt als Initiator und treibende Kraft für das Thema „Multi Frame“ im Team der Blanco Produktentwicklung. Wie bereits berichtet, definiert sich das Unternehmen aus Oberderdingen nicht mehr als reiner Zubehörlieferant, sondern positioniert den Wasserplatz in der Küche als Markenartikel mit Premiumanspruch, der im besten Fall mehr Umsatz generieren kann, als dies in der Vergangenheit der Fall war. Das Installationskonzept „Multi Frame“ ist neben dem „Unit“-Gedanken ein Teil dieser Strategie. In den „Units“ werden Küchenspüle, Wassersystem und Abfalltrennung zu einer planerischen und vertrieblichen Einheit.

KÜCHENPLANER: Wo stehen Sie mit „Multi Frame“ gerade?
Thomas Funke:
Wir haben ‚Multi Frame 1‘ auf der Küchenmeile 2022 vorgestellt und waren damit im Frühjahr 2023 in Serie. Im selben Jahr folgte die Weiterentwicklung ‚Multi Frame 2‘. Damit sind wir seit Anfang 2024 am Markt.

Was ist die Idee dahinter?
Ausgangspunkt für ‚Multi Frame‘ ist das weitverbreitete Chaos und der permanente Platzmangel im Spülenunterschrank. Damit beschäftigt man sich bei Blanco schon seit vielen Jahren. Durch den Erfolg der Wassersysteme und den damit verbundenen zusätzlichen Platzbedarf wird das Thema immer drängender. Zumal 80 Prozent aller Spülenunterschränke in den westeuropäischen Märkten nur 60 Zentimeter breit sind. Da zählt jeder Winkel. Die Idee hinter ‚Multi Frame‘ ist im Grunde ganz einfach: Wir schaffen ein vorinstalliertes Modul mit den Komponenten Spüle, Wassersystem und Abfalltrennung, das wie ein Backofen in die 60er-Nische eingeschoben wird. So kann der vorhandene Platz optimal genutzt werden. Zudem vereinfacht das Modulkonzept die Montage und den Bestellvorgang. Es gibt nur eine Bestellnummer für die genannten Ausstattungselemente im ‚Multi Frame‘-Konzept.

Wie wird es technisch umgesetzt?
Die einzelnen Komponenten sind in einem pulverbeschichteten Stahlrahmen vorinstalliert und werden vor Ort einfach in den Unterschrank eingesetzt. Ein spezieller Installationsrahmen organisiert die Ordnung der verschiedenen Leitungen und Anschlüsse.

Wie unterscheiden sich die Varianten 1 und 2?
Mit ‚Multi Frame 1‘ haben wir ein Modul geschaffen, das sich passgenau und kompakt in einen 60 cm breiten Spülenunterschrank mit einer Korpushöhe von 78 cm und 16 mm starken Schrankseiten integrieren lässt. Inzwischen werden Unterschränke jedoch immer höher, und die Küchenmöbelhersteller bieten eine Vielzahl unterschiedlicher Korpushöhen an. Mit ‚Multi Frame 2‘ haben wir uns flexibler gemacht und können Korpushöhen zwischen 75 und 90 cm abbilden. Der Unterschied zwischen den beiden Varianten liegt also in der Höhenflexibilität. Es gibt eine Schubkastenhöhe mehr. So kann zum Beispiel ein ‚Flat Drawer‘, ein neuer Orga-Schubkasten, eingeplant werden. Außerdem kann das Wassersystem wahlweise rechts oder links positioniert werden.

Rechnen Sie bei „Multi Frame“ eigentlich in Zentimetern oder ausschließlich in Millimetern?
Platz ist, wie wir alle wissen, das entscheidende Kriterium im Spülenunterschrank. Es müssen viele unterschiedliche Bedürfnisse abgebildet werden und kaum eine Küche gleicht in ihren Planungsvoraussetzungen der anderen. Wie viel Platz braucht der Siphon? Wo sind die Eckventile? Wie verlaufen die Leitungen? Diese Unwägbarkeiten versuchen wir zu standardisieren und damit die Abwicklung für den Händler und die Monteure zu vereinfachen.

Das klingt kompliziert. Wie verlief die Entwicklung bis zur Premiere 2022 auf Gut Böckel?
Die Entwicklung von ‚Multi Frame‘ lässt sich am besten mit „learning by doing“ beschreiben. So etwas kann man nicht am Computer entwickeln. Wir haben fast jede Woche einen neuen Prototypen gebaut, um physisch zu testen, was wie funktioniert. Und dann hatten wir mit Schüller Küchen einen wertvollen Sparringspartner aus der Praxis, der uns permanent Feedback zu unseren Entwicklungsschritten gegeben hat.

Wie lange dauerte die Entwicklung?
Wie bereits erwähnt, beschäftigen wir uns bei Blanco schon lange mit dem Thema Raumnutzung. Konkret haben wir 2020/2021 mit der Entwicklung des ‚Multi Frame‘-Konzepts begonnen.

Ist es ein internationaler Ansatz oder zielt die Entwicklung eher auf den deutschsprachigen bzw. westeuropäischen Raum ab?
Wir haben zunächst die DACH-Region im Blick. Hier kennen wir uns am besten aus. Langfristig sehen wir Multi Frame aber durchaus global. Wir müssen uns aber auch darüber im Klaren sein, dass die Komplexität des Systems mit jeder neuen länderspezifischen Gegebenheit steigt.

Was macht die Spülenschrank-Organisation und damit die „Multi Frame“-Entwicklung so herausfordernd? Oder sollte man besser sagen vielschichtig?
Herausfordernd trifft es schon. Es sind immer die wechselnden Platzverhältnisse. Zum Beispiel die Beckentiefe. Die kann bekanntlich sehr unterschiedlich sein, was eine Standardisierung erschwert. Und wenn in einer hochwertigen Küche ein Unterbaubecken eingebaut wird, wird es sehr schnell sehr eng. Eine weitere Herausforderung ist die übliche Arbeitsplattentiefe von 60 Zentimetern, die den Einbau eines Wassersystems beeinflusst. Solche Systeme benötigen zwingend Platz für die Be- und Entlüftung.

Sie plädieren also für tiefere Arbeitsplatten?
65 oder 70 cm wären deutlich hilfreicher, besonders wenn ein Wassersystem integriert werden soll.

Was die Platzprobleme aber nicht komplett lösen dürfte.
Die Tiefe des Schrankes ist ein Kriterium, die Breite ein anderes. Wenn man bedenkt, wie viele verschiedene Elemente und Verbrauchsmaterialien unter oder in der Nähe der Spüle untergebracht werden müssen, bietet sich eine planerische Neubetrachtung an. Etwa breitere Schränke, 80 oder 100 cm, oder das Hinzufügen eines weiteren Schranks zusätzlich zum 60-cm-Standardschrank. Der bewährte 60er-Spülenschrank kann dann weiterhin mit einem herkömmlichen Abfalltrennsystem und einem gewünschten Organisationselement bestückt werden und im Schrank daneben ist ausreichend Platz für die Technik des Wassersystems und gegebenenfalls weitere Organisationsausstattungen.
Auf der Küchenmeile im vergangenen Jahr haben wir gesehen, dass fast alle Küchenmöbelhersteller breitere Spülenunterschränke anbieten. Die Planungsmöglichkeiten sind also gegeben.

Im vergangenen Jahr wurde auf Gut Böckel auch eine 80er-Variante vom „Multi Frame“ gezeigt. Ist das die Lösung, die sich in Zukunft durchsetzen könnte?
Wir haben den ‚Multi Frame‘ in 80 cm Breite als Studie gezeigt. Auch um zu zeigen, was mit dem Konzept möglich ist, wenn der Unterschrank breiter als 60 cm ist. Zum Beispiel die Integration eines vollwertigen Abfalltrennsystems.
In der heutigen Praxis konzentrieren wir uns aber auf den ‚Multi Frame 2“ in 60 cm Breite, weil wir natürlich auch das Handling im Auge haben. Insbesondere das Gewicht bei der Anlieferung. Ein Modul in 80 cm Breite mit vorinstallierten Elementen wird in der Summe ziemlich starr und unhandlich. Und kann schnell an die 100 Kilo wiegen. Deshalb denken wir bei der Entwicklung eher in eine andere Richtung.

Und das wäre?
Das Einzelmodul ‚Multi Frame‘ in sinnvolle Einzelmodule zu zerlegen, die flexibler und einfacher zu handhaben sind. Einzelmodule könnten noch bedarfsorientierter zusammengestellt und auch nachträglich verändert werden. Der modulare Charakter bleibt aber natürlich erhalten. Das ist der USP von ‚Multi Frame‘.

Wer ist die konkrete Zielgruppe?
Das deutlichste Feedback kam bisher vom Fachhandel, der die Vorteile und Vereinfachungen, die ‚Multi Frame“ für das tägliche Geschäft bietet, durchaus erkennt. Kommentare wie ‚endlich denkt mal jemand an uns‘ haben wir häufiger gehört. Das bestätigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Wir dürfen aber nicht nachlassen. Wir müssen weiterhin Überzeugungsarbeit für dieses komplexe System leisten und immer wieder den konkreten Nutzen aufzeigen. Dabei richtet sich das Konzept auch an die Küchenmöbelhersteller.

Ist „Multi Frame“ ein Luxusprodukt?
Im Luxussegment würde ich es sicher nicht ansiedeln. Im Gegenteil: Es hat einen Ansatz, der weite Teile des Blanco-Sortiments umfasst, weil wir keine Insellösung entwickeln. Die einzelnen Produkte funktionieren im ‚Multi Frame‘-Konzept aufeinander abgestimmt und funktionieren für sich. Es ist ein Premium-Produkt mit einem Premium-Nutzen.
Das Gespräch führte Dirk Biermann

www.blanco.de