06.05.2013

Von Dirk Biermann

Die ZOW-Macher sehen ihre Messe gern als Schlüssel zum deutschen Zuliefer-Markt. Doch alle zwei Jahre klemmt’s – unter anderem, weil die Kölner interzum lange Schatten wirft. Auch in diesem Jahr dokumentiert die Statistik weniger Aussteller und weniger Besucher in Bad Salzuflen. Grund genug für einen Wechsel zum Zweijahres-Rhythmus? Darüber sind sich die Beteiligten uneins. Klar scheint: Mit einem Spritzer WD-40 allein ist es nicht getan.

Menge ist nicht alles, aber eine Messe muss sich immer auch an den reinen Zahlen messen lassen. Schließlich verlangen die Aussteller für ihre nicht unerheblichen Investitionen möglichst viele Kontakte. Das ist nun mal die gängige Messewährung. Was die Quantität betrifft, präsentierte sich die einst vor Kraft strotzende Zuliefermesse in Bad Salzuflen zuletzt arg gerupft. 402 Aussteller und 11800 Fachbesucher waren es im Februar 2013. Im Jahr zuvor passierten noch 17500 Gäste die Messetore und inspizierten die Neuheiten von 671 Ausstellern. Zugegeben: Der direkte Jahresvergleich hinkt, da sich inzwischen die meisten Branchengrößen alle zwei Jahre für die Erstpräsentation auf der internationalen Leitmesse interzum in Köln entscheiden – und in der Folge gegen die ZOW. Doch auch der Blick auf das Vergleichsjahr 2011 lässt in der Buchhaltung des Messeveranstalters Clarion die Mundwinkel der Schwerkraft folgen. 400 statt 500 Aussteller bedeuten einen Kundenschwund von 20%.
Ein heftiger Schlag ins Kontor, wie auch Messe-Chef Horst Rudolph unumwunden zugibt. Selbstkritisch berichtete er von Mängeln in der eigenen Organisation und stellte fest: „Wir haben den Markt nicht gut genug beobachtet.“ Ein bemerkenswerter Satz, handelt es sich bei der Marktbeobachtung doch um eine der unabdingbaren Kernkompetenzen eines Messeveranstalters. Wie sonst will man seinen Kunden den aktuell bes­ten Service bieten?

Alle zwei Jahre?
Fragen wie diese treiben so manchen Aussteller um und lassen vermehrt Stimmen laut werden, die sich einen Zweijahres-Rhythmus der ZOW vorstellen können. Konkret: Jeweils in den interzum-freien Jahren, wenn auch die Flaggschiffe der Branche eine Neuheitenbühne suchen. Reguläre Gedankenspiele möchte man meinen, doch ist die Schwäche der ZOW weniger temporär als strukturell und nicht allein mit der zweijährigen Abwesenheit so potenter Unternehmen wie Blum, ­Hettich, Kesseböhmer, Grass, Vauth-Sagel oder Salice zu erklären.
Beschlägehersteller haben mittel- und langfristige Entwicklungsintervalle. Mehrmals hintereinander mit dem fast identischen Produktprogramm durch die Messehallen zu tingeln, lässt sich dem internen Controlling in diesen Zeiten tatsächlich nur ungenügend vermitteln. Marketing ist schließlich nicht allein auf die reine Messepräsenz zu reduzieren, sondern will in allen Kommunikationskanälen vor- und nachbereitet werden. Was den ZOW-Machern hingegen weh tun dürfte, ist, dass sich auch fast alle namhafte Holzwerkstoffhersteller, Frontendesigner und Dekordrucker in diesem Jahr der Strahlkraft der ZOW entzogen haben. Also all jene Unternehmen, die ihr Geld mit modischen Trends verdienen und ihre kreativen Ideen möglichst oft und vielfältig im Markt zur Sprache bringen müssen. So bezeichnete Horst Rudolph das Fehlen bedeutender italienischer Fronthersteller als „bedauerlich“. Dennoch hält er am Stellenwert der ZOW als Designplattform fest.

Wichtige Besucher
Gespeist wird sein Selbstbewusstsein unter anderem von der nach wie vor anständigen Besucherqualität. Denn das kann die ZOW in Bad Salzuflen zweifellos für sich in Anspruch nehmen: Es mögen in der Summe weniger Besucher kommen, aber die wirklich wichtigen sind stets vor Ort. Angesichts der räumlichen Nähe lässt es sich wohl kein Entwickler oder Einkäufer eines ostwestfälischen Küchen- oder Möbelherstellers nehmen, bei der ZOW reinzuschauen. interzum hin oder her. Und weniger Gedränge an den Messeständen bedeutet auch mehr Zeit fürs Gespräch. Entsprechend lautet das rudolph’sche Doppel-Mantra: „Wir sind zur richtigen Zeit am richtigen Ort.“ Und: „Es kommt nicht auf die Anzahl der Besucher an, sondern auf die Qualität.“

Jedes Jahr Neuheiten
Argumentativ zur Seite springt ihm Andreas Bielefeld, Entwicklungschef beim Küchenmarktführer ­nobilia in Verl und ZOW-Beiratsmitglied. „Auch wir großen Hersteller haben lange Jahre gedacht, ohne große Messen auszukommen“, erläutert er mit Blick auf die beständige Ablehnung gegenüber einem besonderen Messeengagement zum Beispiel im Rahmen der imm cologne. Inzwischen sei man aber froh, dass es die ­LivingKitchen als internationales Messeevent gibt und erfreut, dass dieses so erfolgreich ist. „Auch wenn die Innovationsschübe weiterhin auf der Hausmesse im September stattfinden werden“, wie er im Rahmen der ZOW-Fachpressekonferenz betonte. Sich als Küchenmöbelhersteller nur alle zwei Jahre mit seinen Neuheiten zu präsentieren, bezeichnete Bielefeld als „ziemlichen Quatsch“. Er stellte unmissverständlich fest: „Wir arbeiten das ganze Jahr an Prozessen und Produkten und werden die Ergebnisse jedes Jahr zeigen. Entsprechend nötig seien die Impulse der Zubehörlieferanten. Und zwar regelmäßig und nicht nur alle zwei Jahre.

Clarion investiert
Für die britische Muttergesellschaft Clarion Events ist und bleibt die ZOW ein zeitgemäßes Messeformat. Und ein förderungswürdiges. „Wir dürfen und werden in die ZOW investieren“, berichtete Rudolph von einer jüngst getroffenen Entscheidung der Holdingspitze in London. Vertrieb und Marketing der deutschen Tochter seien bereits neu ausgerichtet. Bereits heute würden die Weichen für 2015 gestellt. Dafür werde unter anderem der direkte Kontakt zu den Ausstellern gesucht, um zu erfahren, welche Dienstleistungen gewünscht sind. Und welche Zielgruppen im optimalen Fall den Weg nach Bad Salzuflen finden sollen. Neben den Küchen- und Möbelherstellern stehen Planer, Handwerker und Ladenbauer schon länger im Vertriebsfokus.
Unterstützt vom ZOW-Beirat steht für Horst Rudolph fest: „Wir werden was verändern, aber das nur in enger Abstimmung mit den Ausstellern.“ Schließlich sei man als Messeveranstalter ein Dienstleister und könne nicht bestimmen. nobilia-Entwicklungschef und ZOW-Beiratsvorsitzender Andreas Bielefeld drückt dies so aus: „Die Attraktivität der ZOW besteht darin, dass zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Partner aufeinandertreffen. Ausschlaggebend bleibt, möglichst die gesamte Spannweite der Zulieferprodukte abzubilden. Insofern herrscht Handlungsbedarf – insbesondere mit Blick auf Oberflächen bzw. Design.“ Oder mit den Worten von Wilfried ­Niemann vom ZOW-Aussteller Niemann Möbelteile zu sprechen: „Wir müssen keine Träne drum weinen, dass alle zwei Jahre eine inter­zum als Leitmesse stattfindet, sondern selber mit einem guten Ausstellermix interessant bleiben.“ Sein Unternehmen stelle auch im Mai auf der interzum in Köln aus, dennoch sei er überzeugt, dass die ZOW weiterhin eine wichtige Rolle einnehme: ­Niemann: „In diesen Tagen haben wir so viele Gespräche mit unseren Kunden, das kann man nicht nachholen.“ Ähnlich äußerte sich Dr. Lucas Heumann, Geschäftsführer der Holz- und Möbelverbände in Herford: „Die Möbelindustrie hat ein verzweigtes Netzwerk arbeitsteiliger Prozesse entwickelt. So ist die Möbelindustrie auf leistungsfähige Zulieferer angewiesen, die ihre Produktinnovationen auch umzusetzen vermögen. Eine enge Kommunikation zwischen den Marktakteuren ist dafür unerlässlich. Die beste Plattform, auch mit Blick auf die Möbelkernregion Ostwestfalen-Lippe, bietet dafür eine attraktive Fachmesse wie die ZOW. Nicht zuletzt wegen ihres perfekten Timings zu den marktrelevanten Hausmessen im Herbst.“

www.zow.de


ZOW in Zahlen
Vom 18.-21. Februar 2013 präsentierten sich 402 Aussteller aus 27 Nationen im Messezentrum Bad Salz­uflen, darunter 60 Erstaussteller aus 15 Ländern. Das Verhältnis von inländischen zu ausländischen Ausstellern betrug 63% zu 37%. Zulieferer aus dem Möbelcluster Ostwestfalen-Lippe machten 39% der deutschen und 25% der gesamten Ausstellerschaft aus. Rund 24.000 m2 Bruttofläche waren in den Messehallen 20, 21 und 22 belegt. Nach vorläufiger Auswertung kamen ca. 11 800 Fachbesucher, davon etwa ein Drittel aus dem Ausland.
Der nächste Termin im jährlichen Rhythmus der ZOW ist bereits gesetzt: Die 20. ZOW wird vom 10.-13. Februar 2014 im Messezentrum Bad Salz­uflen stattfinden.