Sofa schlägt Küche
Im Rahmen einer Onlinepressekonferenz des VDM (Verband der Deutschen Möbelindustrie) berichteten Markus Meyer, Präsident des Handelsverbands Möbel und Küchen (BVDM), und BVDM-Geschäftsführer Christian Haeser zur Lage der Branche aus Handelssicht. Dabei transportierten sie interessante Details und Einschätzungen.
8 % Plus im Handel
Der isolierte Blick auf die Zahlen untermauert das Fazit von einem erfolgreichen Jahr 2022. Verbandsangaben zufolge hat der Möbel-, Küchen- und Einrichtungsfachhandel den Umsatz des Vorjahres um rund 8 % übertroffen und wird „aller Voraussicht nach“ mit rund 35,3 Mrd. Euro Jahresbruttoumsatz auf hohem Niveau bleiben. Diese Zahl ergibt sich aus Hochrechnungen auf Basis der ersten zehn Monate 2022 nach Werten des BVDM in Abstimmung mit dem IFH Köln. Für das erste Halbjahr 2023 erwartet der Handelsverband Möbel und Küchen (BVDM) eine stabile Nachfrage.
Küchen stark, Sofas stärker
Die Umsatzentwicklung zeigte sich in 2022 in fast allen Hauptwarengruppen „äußerst positiv“. Eine Ausnahme machten die Matratzen. Stärkster Wachstumstreiber mit einem Umsatzwachstum von 14 % gegenüber dem Vorjahr waren die Polstermöbel. Der Küchenhandel schloss 2022 mit einem Wachstum von rund 8 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum ab, bei Büromöbeln konnte der Umsatz um 6 % gesteigert werden. Im Bereich der Garten- und sonstige Wohnmöbel gab es im letzten Jahr eine Trendwende: War dieser Bereich noch 2021 rückläufig, so konnte im letzten Jahr ein Zuwachs über 8 % verzeichnet werden. Dem gegenüber stehen Umsatzeinbußen von rund 5 % bei der Hauptwarengruppe Matratzen.
Homing-Trend setzt sich fort
Der Möbel- und Küchenhandel profitierte im vergangenen Jahr erneut vom Homing- und Homeoffice-Trend. Die Menschen legten laut BVDM nach wie vor großen Wert auf Wohnlichkeit und Gemütlichkeit und investierten eher in ein behagliches Zuhause als beispielsweise in den Urlaub. Der Trend zum Homeoffice sei spätestens seit 2022 in unserer Gesellschaft etabliert und ein fester Bestandteil der Arbeitswelt. Dies spiegelte sich auch in der nach wie vor erhöhten Nachfrage für Büromöbel wider. Büromöbel, die sich in den vorhandenen Wohnraum integrieren lassen und flexibel nach ergonomischen Gesichtspunkten einsetzbar sind, waren entsprechend stark gefragt. „Der Umsatz in diesem Bereich nahm zwar weiterhin um 6 % zu, allerdings nicht mehr so stark wie 2021 (10 %)“, berichteten die Verbandsvertreter.
Dunkle Wolken über der Bauwirtschaft
Zur Entwicklung auf dem Bausektor zog der BVDM dieses Fazit: „Die Bauunternehmen registrieren bei Preisanfragen zu verschiedenen Baumaterialien seit dem vierten Quartal 2020 Preissteigerungen insbesondere bei Stahl, Bitumen und Holz wie auch Dämmstoffen – und das mit einer sehr dynamischen Entwicklung. Die Entwicklung der Einkaufspreise für Baumaterial setzt sich im Dezember 2022 differenziert fort. Im Wohnungsbau sind die Baupreise im Jahresverlauf 2022 um 16 % gestiegen. Die Materialkosten verharren weiter auf historisch hohem Niveau. Zum Jahresbeginn 2023 sind den Bauunternehmen neuerlich Preiserhöhungen für Baumaterial angekündigt. Der Mix aus steigenden Bau-, Finanzierungs- und Lebenshaltungskosten schlägt zunehmend auf die Nachfrage nach Bauleistungen zurück. Die Baukonjunktur verliert an Schwung. Die Rahmenbedingungen für die Bauwirtschaft haben sich markant verschlechtert und trüben die Aussichten für die Baukonjunktur in 2023 deutlich ein. Es wurden in 2022 noch knapp 350.000 statt 380.000 Wohneinheiten wie im Vorjahr genehmigt. Der Wohnungsneubau in Deutschland steht aufgrund explodierender Preise und steigender Zinsen vor schwerwiegenden Herausforderungen. Für die Möbelbranche bedeutet dies, dass ein starkes Wachstum wie in 2022 wahrscheinlich nicht erzielt werden kann, da der Bedarf an Küchen-, Polster- und Wohnmöbeln bedingungsgemäß rückläufig sein wird.“
In jeglicher Hinsicht ein Ausnahmejahr
Es müsse jedoch beachtet werden, dass 2022 in jeglicher Hinsicht ein Ausnahmejahr mit veränderten Rahmenbedingungen gewesen sei. BVDM: „Die Inflationsrate lag im Jahresdurchschnitt bei 7,9 %, Preise für Rohstoffe und Energie stiegen ins Unermessliche und Warenverfügbarkeit war aufgrund von gestörten Lieferketten keine Selbstverständlichkeit. Hinzu kommt der Preisauftrieb, sodass sich die Wachstumsrate relativiert, aber dennoch unterm Strich positiv bleibt. Dies liegt vor allem an den immer noch spürbaren Nachholeffekten des in der Krise entstandenen Homingeffektes.“
Mehr Urlaub statt Einrichtung?
Nun bleibe abzuwarten, wie lange der Trend zum Homing anhält und wie der Ukraine-Krieg sich weiterhin auf die Weltwirtschaft auswirkt. Darüber hinaus sei es sehr wahrscheinlich, dass nach den Entbehrungen der letzten drei Jahre die Tourismusbranche wesentlich höhere Umsätze erzielen wird, welche zumindest in den letzten Jahren zum Teil in die Home- und Livingbranche geflossen sind. Aber auch diese Zahl präge die aktuelle Lage: „Geschätzte 200 Milliarden Euro Ersparnisse hatten die Deutschen während der Pandemie zusammengetragen, weil sie das Geld u.a. nicht in Restaurants, für Kino oder Theater ausgeben konnten. Der Nachholbedarf hält hier aktuell an.“
Schwere Zeiten für den Discount
Es sei anzunehmen, so der BVDM, dass generell die Nachfrage nach mittel- und hochpreisigen Qualitätsprodukten stabiler als nach günstigen Produkten bleibt. „Die Käufe werden von den Verbrauchern allerdings nicht mehr impulsiv, sondern eher besonnen und überlegt getätigt.“
Klare Aussage zur Living Kitchen
Der deutsche Möbelhandel baut nach den Ausführungen des BVDM weiterhin auf die imm cologne und die Living Kitchen. Der Handelsverband sei der festen Überzeugung, dass nur eine stabile und starke Messewirtschaft der Garant für ein erfolgreiches B2B- und B2C-Business sein kann. „Nur auf dem physischen Marktplatz Messe sind zuverlässige und valide Neukundengewinnungen, Stammkundenpflege, Networking, Weiterbildung, Produktpräsentationen, Imagetransfer, Verkaufs- und Vertragsabschlüsse sowie der Aufbau neuer Vertriebswege an einem Ort möglich.“ Besonders hervorzuheben sei die imm Spring Edition, die vom 4. bis 7. Juni 2023 auf dem Kölner Messegelände stattfindet.