Tief im Spagat
Und zwar dafür, dass sich die Küche endgültig nicht länger allein über das Holz und die oberflächliche Optik definieren lässt. Das haben wir zwar schon länger geahnt,. aber die Küchenmeile 2015 machte erneut deutlich: Geräte, Zubehör und Schrankausstattungen setzten Maßstäbe – im Design, mit Komfort, beim Nutzen.
Für den Gesamteindruck einer Küche ist natürlich weiterhin das Frontdekor verantwortlich. Doch darauf ein verlässlich planbares Geschäft aufzubauen, funktioniert immer schleppender. Wie auch, wenn sich das günstige Lacklaminat optisch kaum noch von der aufwendig lackierten Lackfront in Preisstufe 8 unterscheidet, und Holznachbildungen manchmal authentischer wirken als das Original. Und sich auch noch so anfühlen!
Was den Mainstream freut, kann ambitionierte Hersteller in die Verzweiflung treiben. Denn nicht jedem Kunden genügt das Wissen um das Echte, und so wollen weitere Umsatzquellen erschlossen werden. Das kann mit abgespeckten Programmen und jugendlich klingenden Namen gelingen. Doch für die Mengenhersteller unter den Küchenproduzenten wird die Komplettvermarktung von allem, was zur Küche gehört, immer wichtiger und lukrativer. nobilia und Häcker zum Beispiel haben zur Küchenmeile 2015 weitere Meilensteine gesetzt und unter anderem Miele als Programmergänzung (!) beim Gerätesortiment präsentiert. Schüller hatte schon zur LivingKitchen Anfang des Jahres aufhorchen lassen und sich mit Juno eine Exklusivmarke gesichert, die in letzter Zeit zwar nicht mehr mit großen Mengen glänzte aber über einen klangvollen und ausbaufähigen Namen verfügt. Wie man hört, läuft es gut damit. Es sollte nicht wundern, wenn künftig weitere altehrwürdige, aber aktuell in Bedrängnis geratene Gerätemarken exklusiv im Vertriebsprogramm eines Küchenmöbelherstellers auftauchen. Auch den führenden Verbänden wäre so ein Deal zuzutrauen. Nur eins scheint sicher: „imperial“ bleibt wohl im Miele-Tresor.
Allerdings hat die gemeinsame Verrechnung von Möbeln, Geräten und Zubehör auch ihre Grenzen. In der unteren Hälfte des Marktes dominiert diese Vermarktungsform, denn hier regieren Gesetze, die in erster Linie den Preis im Sinn haben. Ab der oberen Mitte jedoch wollen Räume in der Regel nicht nur mit einem vorab definierten Mobiliar vollgestellt, sondern immer individueller gestaltet werden. Das braucht Ideen und detaillierte Produktkenntnisse. Ein Fall für den Spezialisten, der parallel zur „Alles-aus-einer-Hand“-Strategie in seinen „Nischen“ weiter an Bedeutung gewinnen wird. Womit wir beim Megatrend der „Trends 2016“ angelangt wären: Der Markt geht noch weiter in den Spagat mit den Polen „preisdominierter, möglichst reibungslos abzuwickelnder Küchenverkauf“ und „bedürfnisorientierte/designorientierte, möglichst reibungslos abzuwickelnde Küchenplanung“. Eine saubere Positionierung wird immer wichtiger. Für den Handel – und erst recht für die Industrie.
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Dieser Text ist als Editorial erschienen in der Ausgabe KÜCHENPLANER, 10/11 2015.