13.12.2022

Trotz Auftragsrückgang liquide bleiben

Lieferengpässe, Energiekosten, Inflation – der Küchenhandel muss sich nach zwei guten Jahren neu einstellen. Dabei ist vor allem eins wichtig: trotz Auftragsrückgängen flüssig zu bleiben. Ingo Anneken von der SEB Steuerberatung beleuchtet das Thema Liquidität.

 

Ingo Anneken ist seit 2009 Geschäftsführer der SEB Steuerberatung. Gemeinsam mit seinen Kollegen unterstützt er die Kunden über die klassische Steuerberatung hinaus hinsichtlich einer Vielzahl an betriebswirtschaftlichen Fragen. Foto: SEB Steuerberatung

Ob groß oder klein, höheres Preissegment oder Einsteigerlevel – wenn es um die Vertragsgestaltung geht, ist jedes Küchenstudio gleich: Bei Vertragsschluss bekommt der Küchenhändler eine Anzahlung vom Kunden. Im nächsten Schritt bestellt er die Küche beim Lieferanten. Nach der Montage wird der Rest des Rechnungsbetrags fällig. Die Anzahlung wird gegengerechnet. Nun kann das Küchenstudio seine Schulden gegenüber dem Lieferanten begleichen. Hat der Kunde keine Gelder wegen Reklamationen einbehalten, kann jetzt der Rohgewinn aus dem Geschäft ermittelt werden. Dieser Rohertrag abzüglich der aus der Anzahlung tatsächlich bezahlten Fixkosten ist der Gewinn an der Küche, den der Küchenhändler zum Beispiel zur Bestreitung des eigenen Lebensbedarfs verwenden kann. Sind die Entnahmen höher als der Gewinn, muss ein Kredit bei der Bank aufgenommen werden. Sind sie niedriger, werden Kapital und Liquidität geschaffen – und damit eine Grundvoraussetzung für den Fortbestand des Geschäfts. Wer nicht liquide ist, ist von der Bank abhängig, um die Fixkosten zu bezahlen.

Wieder an Engpässe gewöhnen
So weit, so gut. Bei der Betrachtung über den Gesamtjahresverlauf wird es komplizierter, denn nicht jeder Auftrag verläuft nach Lehrbuch: Hier ist ein Kunde unzufrieden und es muss nachgearbeitet werden. Dort wird ein Gerät zu spät geliefert, so dass sich die Zahlung des Restbetrags verzögert. Hinzu kommt die wirtschaftliche Entwicklung, die außerhalb der Einflusssphäre des Küchenstudios liegt. Zu Beginn der Corona-Zeit dachten viele, dass schwierige Zeiten auf den Küchenhandel zukämen. Das Gegenteil war der Fall. Jetzt aber steht die Wirtschaft in Europa vor neuen Problemen: Die Inflation und die Sorgen vor steigenden Kosten für Energie sorgen dafür, dass der Geldbeutel bei den Endkunden längst nicht mehr so locker sitzt wie noch im letzten Jahr. Das bedeutet für den Küchenhandel, dass ein Auftragsrückgang – trotz aller Marketingmaßnahmen, die ergriffen werden sollten – kaum zu vermeiden sein wird. Wenn nun weniger neue Kaufverträge abgeschlossen als alte durch Auslieferung zu Ende gebracht werden, heißt das: Es werden weniger Anzahlungen geleistet als Anzahlungen bei der Schlussrechnung für die ausgelieferten Küchen angerechnet werden müssen. Kurz: Der Bestand an Anzahlungen wird weniger und das wirkt sich direkt auf den Kontostand aus.

Strategien zur Sicherung der Liquidität entwickeln
Das geschilderte Szenario kann zu einer Liquiditätskrise führen, an deren Ende im schlimmsten Fall die Insolvenz steht. Das gilt es zu verhindern – und es gibt einige Möglichkeiten, wie der Küchenstudioinhaber die Folgen eines Auftragsrückgangs abmildern kann. Ein zentraler Punkt ist dabei der Umgang mit dem Lager. Dabei gibt es eine entscheidende Stellschraube: Die Industrie ist mittlerweile wieder weitgehend lieferfähig. Das bedeutet, dass die Kundenkommissionen später bestellt werden können. So erhält das Küchenstudio die Ware zeitnah zur Auslieferung und muss damit erst später bezahlen. Apropos Kunde: Wenn möglich, sollten Küchenstudios versuchen, die Zahlung bereits vor der Auslieferung zu veranlassen. Ist das nicht möglich, könnte eine zweite Anzahlung in nicht unerheblicher Höhe angedacht werden. Wichtig ist auch der Umgang mit Reklamationen: Je schneller diese abgewickelt werden, desto schneller ist der Rechnungsrestbetrag auf dem Konto!

Über Lager und Lieferanten nachdenken
In Zeiten des Überschusses ist eine Erhöhung des Lagerbestands sinnvoll. Kundenersatzgeräte vorzuhalten, Elektrogeräte auf Lager zu haben, um nicht von Lieferzeiten der Hersteller abhängig zu sein – all das macht Sinn, wenn das Konto gut gefüllt ist und die Zeichen auf Wachstum stehen. Ist die Wirtschaftslage aber nicht so rosig, sollte umgedacht werden. Ersatzgeräte, die bisher vorgehalten wurden, sollten jetzt abverkauft werden. Das Gleiche gilt für Elektrogeräte aus dem Vorrat – auch hier kann der Bestand jetzt zugunsten der Liquidität verringert werden. Wie oben gesagt: Generell ist die Elektroindustrie nach einigen Schwierigkeiten wieder lieferfähig, doch es gibt immer noch Geräte, die nicht zeitnah zu bekommen sind. Diese Geräte sollten besser selten verkauft werden – auch dies schont den Bestand und sichert die Liquidität. Generell gilt auch: Wenn sich ein Küchenstudio auf wenige Lieferanten konzentriert, erhöht das die Sofortboni – und damit die Konzentration auf weniger Lieferanten zur Erhöhung der Sofortboni. Auch bei den Musterküchen sollte genau nachgeschaut werden: Sind welche darunter, die verkauft werden könnten? Falls dem so ist, ist jetzt der richtige Zeitpunkt dafür. Und wenn es wirklich ernst wird, sollte auch der Fuhrpark überprüft werden. Wenn weniger ausgeliefert wird, kann eventuell auch hier abgespeckt werden. Es bleibt aber zu hoffen, dass es nicht so weit kommt – und dass Wirtschaft und Konsumverhalten bald wieder anziehen.

www.seb-steuerbertung.de