23.06.2019

Schimmel ist ein schleichendes Übel, der sich gerne versteckt hinter Schrankwänden ausbreitet. Besonders gefährdet sind Küchen, wo durch Kochen oder Spülen die Luft vergleichsweise warm und feucht ist. Fachleute raten: Der Schimmelbildung kann bereits bei der Montage vorgebeugt werden.

Hier stand die Küche zu dicht an der Außenwand, die Luft konnte nicht zirkulieren, der Schimmel konnte sich unbemerkt ausbreiten. Foto: www.gutachter-schimmel.de

Hier ist gut zu erkennen, dass sich der Schimmel hinter den Schränken ausgebreitet hat. Oberhalb der Arbeitsplatte, wo die Luft zirkulierte und Wärme ankam, hat sich der Schimmel nicht ausgebreitet. Foto: www.gutachter-schimmel.de

Auch im Spü­len­unter­schrank kann Schimmel auftreten. Hier ist zu prüfen, ob es sich um einen Wasserschaden handelt. Foto: www.gutachter-schimmel.de

Auch hier standen die Küchenmöbel zu dicht an der Wand. Erst als der Schimmel die Holzleiste in der Ecke erreichte und oberhalb des Küchenschrankes sichtbar wurde, reagierten die Bewohner. Foto: www.gutachter-schimmel.de

Mit einer Wärmebildkamera können kalte und feuchte Stellen an der Wand sichtbar gemacht werden. Hier ist deutlich zu sehen: Wo der Schimmel aufgetreten ist, ist die Wand am kältesten. Foto: www.gutachter-schimmel.de

Marc Schütt. Foto: Schütt

Claus Peter Sommer. Foto: www.gutachter-schimmel.de

„Luftfeuchtigkeit dringt in jede Ritze“, weiß Marc Schütt. Der öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige im Tischlerhandwerk aus Werdohl (Sauer­land) kennt diese Problematik. Ein Problem stellen häufig die Außenwände dar, insbesondere bei älteren Gebäuden. Je nach Dämmung verändert sich der Temperaturverlauf. „Im Normklima ist es gefährlich, wenn die Temperatur der Wand unter 12,5 Grad Celsius sinkt, das fördert die Schimmelbildung“, erklärt Marc Schütt. Eine freie Wand wird üblicherweise ganz normal über die Raumwärme aufgewärmt. Befindet sich jedoch ein Möbelstück davor, verhindert dieses, dass die warmen Temperaturen die Wand erreichen. „Das ist fast wie eine Dämmung von innen“, erklärt der Fachmann. „Denn während sich feuchte Luft in jede Ritze verteilt, benötigt Wärme Luftverwirbelungen, um sich zu verteilen. Und hinter einem Küchenschrank sind maximal zwei Zentimeter bis zur Wand, da sind keine Verwirbelungen möglich, also bleibt es dort kühl.“ An dieser teils deutlich kühleren Wand bildet und hält sich die Feuchtigkeit – eine einfache physikalische Konsequenz. „Zudem gibt es hinter Küchen einfach viele Bakterien und Schimmelsporen im Hausstaub. Das alles zusammen ist ein regelrechtes Paradies für Schimmel, insbesondere im Bereich der Spüle oder des Kühlschranks“, sagt er.

Etwas mehr Abstand
Marc Schütt kennt nicht nur das Problem, er weiß auch Rat. Zum Beispiel könne bereits beim Einbau der Küche einer späteren Schimmelbildung wirksam entgegengewirkt werden. Der einfachste Tipp lautet, die Schränke mit etwas größerem Abstand zur Wand anzubringen. „Dann passt jedoch die 60 Zentimeter tiefe Arbeitsplatte nicht mehr und man muss eine tiefere Platte kürzen. Das macht die Sache zwar etwas teurer, verhindert aber spätere Schäden“, sagt er. Allerdings bedürfe diese Variante einer guten Beratung im Handel, so der Sachverständige.
Darüberhinaus gibt es Lösungen, die mit den gebräuchlichen 60 Zentimeter tiefen Arbeitsplatten auskommen. „Man kann ein Heizungsrohr dort offen verlegen“, sagt er. Durch den Durchlauf des warmen Wassers in der Heizperiode erwärmt sich auch die Wand darüber, da die dadurch erwärmte Luft aufsteigt. Schimmelsporen haben es damit deutlich schwerer auszukeimen. Eine Alternative wäre eine Sockelheizung, die letztlich den gleichen Effekt erziele. Das Fazit von Marc Schütt: Der größere Abstand zur Wand mit einer tieferen Arbeitsplatte ist von den drei Lösungen wohl die günstigste Variante. In puncto Schimmelvorbeugung zu sparen, bedeutet an der falschen Stelle zu sparen. Denn: „Man sollte immer daran denken, dass eine Küche häufig zwanzig Jahre lang an ihrem Platz stehen bleibt, eine solche Maßnahme ist also lang­fris­tig zu sehen.“ Schließlich gefährdet eine verschimmelte Wand nicht nur die Gesundheit der Bewohner, sie kann auch zur Wertminderung des Objekts oder zu teuren Renovierungsmaßnahmen führen, „was die Kos­ten der Vorbeugemaßnahmen sicher übertrifft“.

Ausreichend frische Luft
Claus-Peter Sommer, Sachverständiger für Schimmelpilze in Innenräumen, kann diese Aussagen nur bestätigen: „Zum Großteil treten Probleme auf, wenn in bestehende Häuser eine Küche vor eine Außenwand gebaut wird.“ Doch auch er nennt Maßnahmen, die dem Schimmel das Leben und die Verbreitung deutlich erschweren. So ist ihm eine gute und leistungsstarke Ablufthaube wichtig. Im besten Fall im Abluftbetrieb, der nicht nur die fettgeschwängerten Kochwrasen nach draußen leitet, sondern eben auch die Feuchtigkeit. „Man muss dann aber auch für ausreichend Frischluftzufuhr sorgen. Ich empfehle da gerne Fensterfalzlüfter, die ich auch selber nutze“, sagt Sommer.

Wärmestau verhindern
Zudem sollte der Küchenmonteur darauf achten, dass Warmluft-Konvektoren nicht überbaut werden. Weder eine Fensterbank, geschweige denn eine Arbeitsplatte dürfe darüber ragen. „Wenn die warme Luft nicht frei nach oben strömen kann, gibt es einen Wärmestau, das Thermostat regelt ab und es wird nicht gewärmt. So kann schnell eine kalte Laibung entstehen, die wieder Schimmelbildung forciert.“

Vorsicht im Neubau
„Vielleicht“, so vermutet Marc Schütt, „haben manche Verkäufer im Küchenhandel zu wenig Wissen über diese bauphysikalischen Themen.“ Doch sollte derjenige, der Einbaumöbel montiert, prüfen, ob der Untergrund bereits geeignet ist. Zumal er bei einem Neubau tatsächlich in die Haftung geraten kann. „Wer am Bau beschäftigt ist – dazu gehören auch alle, die Möbel oder Küchen einbauen – der sollte wissen, dass Putzflächen eine Zeit benötigen, bis die Feuchtigkeit entwichen ist“, betont Marc Schütt. „Besonders im Neubau muss das einfach klar sein, denn sonst droht ganz schnell Schimmelbildung.“ In einem Neubau stecke zunächst immer viel Feuchtigkeit. Früher habe man den Rohbau daher auch meist ein halbes Jahr trocknen lassen. Heute werde jedoch viel zu oft viel zu schnell weitergebaut. „Dann werden direkt Möbel vor die Wand gesetzt – und da gammelt es dann auch schnell.“

Pfusch bei der Installation
Unsachgemäße Installationen, die zu Wasserschäden führen, können in der Küche ebenfalls zu Schimmelbildung führen. Marc Schütt erzählt aus seiner eigenen Montagepraxis als Tischler: „Eine Familie war in einen Neubau eingezogen, die Küche wurde eingebaut. Doch waren die Abflussrohre vom Sanitärinstallateur fehlerhaft verlegt worden. Spülmaschinen- und Spülabwasser flossen statt in die Kanalisation in die Bodenplatte. Innerhalb von nicht einmal 14 Tagen waren die Wände vollgesogen und die Möbel fingen an zu schimmeln. Zum Glück waren unsere Zargen nicht betroffen, da wir die immer auch von hinten lackieren. Wären da zugekaufte Zargen eingebaut worden, wären die hinüber gewesen.“ Wasserschäden haben oft schlimme Folgen, bestätigt auch der Sachverständige Claus-Peter Sommer. Häufig werden diese nicht erkannt, stattdessen wird falsches Lüften oder Heizen moniert.
Ob mangelhafte Lüftung oder unerkannter Pfusch bei der Spülen- und Armatureninstallation: Wie wichtig das Thema Feuchtigkeit in der Küchenplanung grundsätzlich ist, beweist auch dieser Aspekt: Schimmelbildung tritt häufiger da auf, wo ein Haus voller Leben steckt. Denn nicht nur Kochen, Waschen und Spülen sorge für eine höhere Luftfeuchtigkeit, auch der Mensch an sich trägt dazu bei. Ob durch ausgelassen tobende Kinder oder ein geselliges Miteinander im Kreis von Freunden und der Familie: die Feuchtigkeit entsteht durch das Leben selbst.

Camillo Kluge


Unsere Gesprächspartner
Marc Schütt
ist Schreinermeister und betreibt mit seinem Vater Josef die Tischlerei Schütt in Werdohl. Seit 2018 ist der 42-Jährige von der Handwerkskammer Südwestfalen öffentlich bestellter und ver­eidig­ter Sachverständiger im Tischlerhandwerk. Seine Themen, die er als Sachverständiger behandelt, sind neben Tischlerarbeiten, Fenstern, Türen oder Fassaden und diversen anderen Branchenthemen insbesondere auch Küchen.
Claus-Peter ­Sommer ist seit über zehn Jahren als AWUS-geprüfter Sachverständiger für Schimmelpilze in Innenräumen in Sachsen im Einsatz. Der 47-jährige Familienvater hat das Zertifikat „Sachkunde – Holzschutz am Bau“ erworben, das die Bekämpfung des echten Hausschwamms beinhaltet, und ist als Sachverständiger für Versicherungsschäden am Bau im Einsatz. Als „Schimmel-­Doktor“ hat er sich einen Namen gemacht.