21.06.2022

Muldenlüfter sind in den Augen vieler Konsumenten besonders begehrenswert. Die Kombination von Kochfeld und Abzug hat tatsächlich Charme. Jedoch stellt sich eine Frage, die manchmal unbeantwortet bleibt. Wohin mit dem Wrasen?

Eine Impression von der area30 im Herbst 2021, die das Thema „geführte Umluft“ plastisch darstellt. Anbieter berbel bietet als Standard die Teilführung mit stehender Umlufteinheit, die optional mit Sockelaustritt nach vorn oder zur Seite ergänzt werden kann (Foto links). Möglich ist auch die Lösung mit liegender Umlufteinheit (rechts im Bild). Dabei lässt sich der Aktivkohlefilter komfortabel am Sockel entnehmen. Wird der wartungsfreie „permalyt“-Filter verwendet, entfällt die Umlufteinheit im Sockel komplett. Eingesetzt werden kann der „permalyt“-Filter optional auch bei geführter Umluft. Foto: Biermann

Auf YouTube wirkt es so geschmeidig. Der Topf simmert links, die Pfanne brutzelt rechts – und der aufsteigende Kochdampf von beiden Seiten wird zuverlässig durch den Schlitz in der Mitte des Kochfelds eingesogen. Die im Wrasen enthaltenen Fette werden zugleich fachlich vorbildlich separiert. Unter der Glaskeramik wartet bereits die Aktivkohle, um Geruchsmolekülen den Garaus zu machen, teilweise mit Unterstützung von Plasma oder anderen Technologien. Welche Bauteile in den Reinigungsprozess auch immer involviert sind, sie lassen sich mühelos entnehmen und reinigen, verspricht der Film. Im Hintergrund sind beruhigende Klavierklänge zu hören. Alles einfach und sauber.

Nur ein Teil der Geschichte
Doch Videos wie diese, von denen es herstellerübergreifend viele mit identischer Aussage gibt, erzählen nur einen Teil der Geschichte. Dem wohlwollend-kritischen Informationssuchenden dürften sich konkrete Fragen stellen. Allen voran diese: Was ist eigentlich mit dem Kochdampf an sich? Verbleibt der im Schrank?
Ja, darauf läuft es oft hinaus. In Fachkreisen geht man davon aus, dass etwa 80% aller Muldenlüfter im Umluftmodus geplant werden und davon „die Hälfte bis Zweidrittel“ ohne Führung der Kochwrasen in Betrieb genommen werden. Sprich: Die warme und feuchte, unter Umständen mit Fettrückständen belastete Luft wird teilweise direkt in den Schrank entlassen oder in den engen Spalt dahinter, wo sie wie gefangen bleibt. Ist die Devise also: Aus den Augen, aus dem Sinn? Die Antwort lautet: Jein. Einige Hersteller legen durchaus Anschlussmaterial bei, um den Kochwrasen nach unten in den Sockel zu führen und teilweise bis an ein Auslassgitter (mit oder ohne Sockelumluftkasten) zu leiten. Die Praxis zeigt nach Ansicht vieler Praktiker aber auch: Wenn bei der Montage Schrankkonstruktion und Wegeführung nicht harmonieren oder eine Verbindung fehlt, bleibt es oft, wie es ist. Ungeführt eben.

"Die Physik lässt sich nicht aushebeln"
Manche der Kombigeräte sind auch mit einem Kunststoffstutzen ausgestattet, der den feucht-warmen Kochwrasen im 90-Grad-Winkel an die Korpusrückwand des Unterschranks bläst – oder durch einen Ausschnitt in der Schrankrückwand hindurch in den schmalen, meist nur 3 cm tiefen Spalt dahinter. Und schon stellt sich dem Informationssuchenden die nächste Frage: Was geschieht mit der Feuchtigkeit im Wrasen? Kondensiert diese im Inseleinsatz an den Holzteilen des Möbels? Oder am Mauerwerk, sofern es sich um eine Zeilenmontage an der Wand handelt? Und kann das nicht auf Dauer böse Folgen haben? Von wegen Schimmel? „Ja kann es, die Physik lässt sich schließlich nicht aushebeln“, mahnen die einen. „Die Restfeuchtigkeit wird durch die Nachlaufautomatik trocken gepustet“, beruhigen die anderen. Was wiederum zum Einwand führt: „Sofern der Nachlauf aktiviert wird.“ Denn das sei trotz anderslautender Empfehlung in der Praxis viel zu selten der Fall. Wegen der Geräusche, die beim Essen als störend empfunden werden. Dass der Nachlauf wichtig ist, damit Aktivkohlefilter und Kanäle nach der Kochsession trocknen können, ist vielen Küchennutzern gar nicht bekannt – oder es wird aus Bequemlichkeit vernachlässigt.

Lauter und schwächer
Es gibt Lösungen, die diese möglichen Dynamiken entschärfen sollen. Zum Beispiel Teilführungen mit stehenden Umlufteinheiten. Und in einigen Fällen konzipieren Möbelhersteller den Unterschrank auch für den Einsatz eines konkreten Muldenlüftermodells und bereiten so den Abtransport der Kochwrasen vor. Folgt man den Einschätzungen versierter Marktteilnehmer, sei dies gesamt betrachtet aber die Ausnahme. Dabei ist nicht allein die Gefahr von Stockflecken und Schimmelbildung, die die Fraktion der kritischen Mahner beunruhigt. Die ungeführte Umluft erzeuge auch mehr Geräusche und könne unter Umständen die optimale Funktion des Dunstabzugs mindern. Denn wird der Wrasen wie beschrieben direkt an die Korpusrückwand gelenkt, entstehe zwangsläufig ein Strömungswiderstand und der könne zu einem Druckverlust mit einer daraus resultierenden reduzierten Luftförderleistung führen. Ein angeschlossener Kunststoffkanal mit aerodynamisch gestalteten Luftleitelementen hingegen führe die Schwaden reibungslos hinab und aus dem Sockel hinaus zurück in den Raum. Was die Betriebsgeräusche des Abzugs wahrnehmbar dämpfe, argumentieren die Befürworter der geführten Umluft. Zudem kühle der warme und feuchte Kochwrasen auf dem Weg in den Sockel bereits ab, was die natürliche Neigung feuchter Luft, beim Kontakt mit kälteren Flächen zu kondensieren, zusätzlich reduziert.

Besser geführt
Wie könnte ein Fazit dieser komplexen Situation lauten? Die Führung und der Abtransport der Kochwrasen ist ein grundlegendes Planungsthema. Darin besteht sicher Einigkeit. Ob die geführte Umluft beim Einsatz von Muldenlüftern überhaupt nötig ist, zieht sich als Pro und Contra quer durch die Branche. Das macht es für den Küchenplaner kompliziert. Eine für alle Fälle und Produkte geltende Lösung kann weder formuliert werden, noch ließe sie sich realisieren. Dafür ist die Vielfalt an Geräten, Möbeln und Montagebedingungen inklusive der jeweiligen Wandbeschaffenheit viel zu groß. Deshalb haben es objektive Empfehlungen auf Grundlage von unabhängigen Messungen schwer. Dennoch: Der Blick ins Physikbuch legt nahe, dass es unter Umständen zu Problemen kommen kann, wenn die feucht-warmen Wrasen direkt aus dem Lüfter in den Schrank gepustet werden. Besonders, wenn diese Wrasen unmittelbar mit kalten, ungedämmten Außenwänden in Kontakt kommen. Die geführte Umluft umgeht dies von vornherein. Ebenso wie einige Gerätehersteller hat sich der Zubehörgroßhandel auf die Planung von Muldenlüftern im Umluftbetrieb eingestellt und bietet Lösungen für die Umsetzung der geführten Umluft. Einige Ansätze, Ansichten und Produkte zeigen wir auf den folgenden Seiten.

Erschwerende Insellage
Wobei sich abschließend eine weitere Frage stellt: Warum den Muldenlüfter nicht gleich im Abluftmodus planen? Denn wenn Gerüche, Fett und Feuchtigkeit komplett aus dem Raum hinausgeleitet werden, muss sich auch niemand damit plagen. Allerdings führt die Planungssituation oft zu natürlichen Einschränkungen. Muldenlüfter werden bevorzugt in frei stehenden Küchenblöcken geplant. Diese Insellage erschwert die Abluftführung ins Freie. Möglich ist es trotzdem: Bei Neubauten kann die Abluftführung zum Beispiel in den Estrich gelegt werden. Dafür muss die Planung aber frühzeitig beginnen und der Kanal aus trittfestem Material bestehen. Ebenfalls möglich ist es, den Kanal durch eine Kernbohrung im Küchenboden in den Keller zu führen und den kürzesten Weg nach draußen zu wählen. In der Praxis dürfte der Umluftbetrieb in diesen Fällen jedoch die verlockendere Variante der Wahl sein, weil sie einfacher und kostengünstiger zur realisieren ist. Umso mehr rückt unter Berücksichtigung der Physik eine professionelle Umluftführung in den Fokus.

Dirk Biermann