25.02.2021

„Das Kochen auf der ganzen Welt revolutioniert“

Nicht überall, wo Innovation draufsteht, ist auch eine Innovation drin. Heutzutage wird das entsprechende Etikett allzuschnell in Anspruch genommen. Eine wirkliche Innovation im Sinne einer Neuerung, die den Küchenmarkt veränderte, hat der Spezialglashersteller SCHOTT vor genau 50 Jahren in Europa eingeführt: die Glaskeramik-Kochfläche. Ein Interview mit Kathrin Becker, Director Marketing.

Foto: SCHOTT AG

Kathrin Becker, Director Marketing SCHOTT CERAN®: „Wir sind weltweit die Nr. 1 bei Glaskeramik-Kochflächen.“ Foto: SCHOTT AG

Vor 50 ­Jahren führte Hersteller SCHOTT ­CERAN® die Glas­keramik in europäischen Küchen ein. Diese Momentaufnahme stammt aus den 1970er-Jahren.

Mehrfach ausgezeichnet: ­CERAN ­EXCITE® ermöglicht die Benutzerbedienung durch Licht. Es ist die jüngste Innovation von SCHOTT. Weitere Produktneuheiten werden im Lauf dieses Jahres folgen. Foto: SCHOTT CERAN®

Foto: SCHOTT CERAN®

KÜCHENPLANER: 50 Jahre SCHOTT CERAN® Glaskeramik. Ein stolzer Geburtstag.
Kathrin Becker:
Das ist tatsächlich etwas Besonderes. Vor 50 Jahren hat das Original aus Mainz die Küchen und das Kochen auf der ganzen Welt revolutioniert. Die Erfolgsgeschichte eines außergewöhnlichen Werkstoffs.

Das Original?
Ja, genau 1971 stellte SCHOTT unter der Marke CERAN® die ers­ten schwarzen Glaskeramik-Kochflächen in Europa vor und ­löste so eine Revolution in der Küche aus. Seitdem entwickelte sich SCHOTT ­CERAN® zu einem Weltbestseller.

Viele Verbraucher sprechen von einer „Ceranfläche“, wenn sie die Glaskeramik meinen.
Auch das stimmt. Der Markenname SCHOTT CERAN® besitzt eine enor­me Strahlkraft und ist längst zum Synonym und Gattungsbegriff einer ganzen Produktkategorie geworden. Aber dieses Problem haben wir nur in Deutschland oder im deutschsprachigen Raum. Wissen Sie, die Menschen sind mit dieser schwarzen „Ceranfläche“, wie es so schön im Volksmund heißt, seit den 70er-Jahren groß geworden und sind sich gar nicht bewusst, dass sie in dem Moment unseren Markennamen verwenden. Das ist Fluch und Segen zugleich. Wir sind sozusagen bekannt wie „Tempo“, allerdings denken auch viele Menschen, „Ceranflächen“ seien die rotglühenden Elektrokochflächen und verbinden uns daher nicht mit moderneren Technologien wie der Induktion. So müssen wir viel Aufklärungsarbeit in Deutschland leisten. In Zukunft soll kein deutscher Endverbraucher mehr fragen: „Hast du eigentlich ein ‚Ceranfeld‘ zu Hause oder kochst du mit Induktion?“.

Wie würde denn die richtige Antwort lauten?
Das ist ganz einfach: In beiden Fällen kann es sich um unser Material CERAN® handeln, eben unabhängig von der darunterliegenden Heiztechnologie. Ob Sie wirklich auf dem Original zu Hause kochen, erkennen Sie dann an unserem Logo auf Ihrer Kochfläche neben dem des Herstellers natürlich. Denn keine Kochfläche verlässt unser Haus ohne unser Logo.

Wenn ich korrekt informiert bin, ist SCHOTT Weltmarktführer bei CERAN® Glaskeramik-Kochflächen.
Das ist korrekt. Wir sind weltweit die Nr.-1-Marke bei Glaskeramik-Kochflächen. Wir sind der führende Lieferant und zugleich Partner unserer Kunden in der Hausgeräteindustrie.

Was macht SCHOTT so erfolgreich?
Ich würde sagen, die langjährigen Partnerschaften zu unseren Kunden, die gemeinsamen Entwicklungsprojekte, unser Anspruch immer wieder neue marktrelevante Innovationen zu entwickeln und eine Marke zu besitzen, die für Differenzierung sorgt. Zudem kommen natürlich die vielen Mitarbeiter weltweit, die mit viel Herzblut und Leidenschaft jeden Tag das Beste geben und sich sehr mit der Marke identifizieren. Das begeistert mich immer wieder aufs Neue.

Partner? Können Sie ein Beispiel geben?
Eigentlich ist es so, dass ich Ihnen schneller Beispiele für Nicht-Kunden geben könnte, denn wir beliefern nahezu alle weltweiten Hersteller von Hausgeräten. Mit einigen haben wir bereits eben jahrzehntelange enge Kontakte, was uns sehr stolz macht. In Deutschland kann man sicherlich die Marken Bosch, Siemens und Miele als Kunden der ersten Stunde bezeichnen. Mit der Marke Imperial haben wir damals den ersten Prototypen 1971 auf der „Domotechnica“, der großen Hausgeräte-Messe in Köln, gezeigt. Danach kamen direkt weitere europäische Herdhersteller auf uns zu, die dringend um Bemusterung baten. So startete alles.  

Verraten Sie uns, wie viele Glaskeramik-Kochfelder in den letzten 50 Jahren produziert wurden?
Es sind inzwischen etliche Millionen Stück. Ich denke in diesem Jubiläumsjahr 2021 dürften wir die historische Zahl von 200 Mio. verkauften Stück erreichen. Es gibt sie traditionell in Schwarz, aber auch in Weiß und Transparent. Pro Jahr verlassen aktuell mehrere Millionen Stück das Werk in Mainz und werden in Küchenherde auf der ganzen Welt verbaut. Zudem haben wir weitere Nachverarbeitungsstätten in China und den USA, um auch dort den Markt schnell und zuverlässig beliefern zu können.

War der Werkstoff von Beginn an ein Erfolg?
Kochen auf Glaskeramik? Bei dieser Frage winkten Ende der 1960er-Jahre selbst bei SCHOTT manche Experten ab. Und auch die Hausgerätehersteller waren anfangs skeptisch. Doch SCHOTT ist gerne Pionier und die unübertrefflichen Produktvorteile überzeugten dann schnell.

Was macht CERAN® denn so besonders?
Die Glaskeramik von SCHOTT verbindet die Ästhetik von Glas mit enormer Hitzebeständigkeit und Stabilität. Sie ist äußerst belastbar und extrem temperaturstabil. Sie altert nicht, ist lichtdurchlässig und geeignet für alle Heiztechnologien – auch Induktion und Gas. Das Grundrezept von CERAN® wurde in den vergangenen Jahrzehnten an entscheidenden Punkten weiterentwickelt. Denn besser geht immer. Ein Meilenstein ist der Verzicht auf den Zusatz der Schwermetalle Arsen und Antimon. Pro Jahr werden dadurch mehr als 200 Tonnen Schwermetalle vermieden. Nicht alle unserer Marktbegleiter beherrschen diese Technik.

Lange Zeit hieß es: Glaskeramik ist Schwarz.
Ja, ja, und die Erde ist eine Scheibe.

Das Produkt wurde also weiterentwickelt?
Kochflächen sind längst ein Designobjekt. So ermöglicht die beschichtete Glaskeramik CERAN ­CLEARTRANS® verschiedene Farbvarianten. CERAN ­EXCITE®, der jüngste Spross der Produktfamilie, ermöglicht eine nie dagewesene Benutzerbedienung durch Licht – möglich machen dies unter dem schwarzen Kochfeld positionierte LEDs, deren Licht in allen Farben durch eine Kombination aus Glaskeramik, Filtern und Beschichtungen an definierten Stellen das Licht ungetrübt passieren lassen. Und das sogar im Heißbereich der Kochzonen. 2019 erhielt SCHOTT dafür den renommierten iF Gold Award. Ein wahnsinniger Erfolg für eine Komponentenmarke. Ein weiterer Meilenstein ist CERAN Miradur®, die weltweit einzigartige Glaskeramik, die fast so hart ist wie ein Diamant. Durch eine spezielle patentierte Beschichtung erhält die Glaskeramik mit ­Miradur® eine signifikant erhöhte Resistenz gegenüber Kratzern von beispielsweise abrasiven Putzschwämmen oder Mikropartikeln wie Sand- und Salzkörner, die beim Kochen auf die Oberfläche geraten können.

Wie sieht die Zukunft aus?
Die Küchen- und Kochwelt darf sich auf Produktneuheiten freuen, die langfristig für noch mehr Begeisterung und beste Argumente zum Kochen auf Glaskeramik von SCHOTT CERAN® sorgen. Im Lauf des Jahres 2021 werden wir den Neuheitenschleier im Rahmen eines virtuellen Produktlaunchs lüften.

Welchen Einfluss hat die Pandemie auf Ihr Produkt?
Wir beobachten ganz stark den Trend zum „Home ­Loving“, manche nennen ihn auch „Cocooning“, aber ich persönlich finde ihn zu negativ. Denn Menschen wollen sich nicht einschließen, sondern müssen einfach das Beste aus der Situation machen und dazu gehört es auch, sein Zuhause zu verschönern. Viele investieren dann eben auch in eine höherwertige Küche oder einen neuen Herd. Eine nachhaltige Investition wie ich finde.

Vielleicht abschließend noch die letzte Frage: Wofür steht die Marke CERAN®?
Wenn man so lange das Aussehen der Küchen rund um den Globus so entscheidend mitgeprägt hat, dann darf man ruhig von einer „Ikone“ in der Küche reden. ­CERAN® steht für höchste Qualität, das Original und für relevante Innovationen im Bereich Glaskeramik. Zusammen mit unseren Partnern wollen wir auch in den nächsten Jahrzehnten für ein weiter verbessertes Kocherlebnis sorgen, denn darum geht es letztlich, dem Menschen hinter dem Herd ein gutes Gefühl zu verschaffen. Und hier gehen uns die Ideen so schnell nicht aus.

Das Gespräch führte Dirk Biermann


Nur am Anfang Glas
Nach den in der Glastechnologie üblichen Methoden wird zunächst eine Glasschmelze aus den dafür geeigneten Rohstoffen erschmolzen, geläutert, homogenisiert und schließlich heißgeformt. Nach dem Abkühlen und Entspannen des glasigen Rohlings folgt eine Temperaturbehandlung, bei der das Glas durch kontrollierte Volumenkristallisation in eine Glaskeramik überführt wird. In ihrem Inneren bilden schon der Schmelze zugesetzte Stoffe jetzt Kristallkeime, an denen mit steigender Temperatur winzige Kristalle wachsen. Diese haben die Eigenschaft, sich bei Erwärmung zusammenzuziehen. Hierdurch wirken sie der Wärmeausdehnung von reinem Glas entgegen und in der Kombination von Restglas und Kristallen entsteht ein Werkstoff mit Nullausdehnung. Die Glaskeramiken von SCHOTT überstehen so Temperaturschocks von plus 700 bis minus 200 Grad Celsius, ohne zu zerspringen oder ihre Form auch nur geringfügig zu verändern.