21.09.2020

Wie will ich meine Kunden sehen?

Susanne Krüger aus München berät und begleitet Menschen, die sich neu einrichten. Dabei ist sie seit mehr als 30 Jahren auch in der Welt der guten Küche zu Hause. Wir haben uns mit ihr unterhalten. Unter anderem über die Haltung, die Küchen­spezialisten gegenüber ihren Kunden einnehmen – und was diese Haltung bewirken kann.

Berät Küchenspezialisten und Hersteller sowie Privatkunden in Einrichtungsfragen: Wohnfühlerin Susanne Krüger. Foto: Krüger

„Wird sich die Bedeutung von Zuhause durch Corona verändern? Und was würde das für die Küchenplanung bedeuten?“ Um Inhalte wie diese ging es im ersten Gespräch mit der Wohn- und Küchenexpertin ­Susanne Krüger aus München in KÜCHENPLANER 7/8 2020. Und darauf aufbauend um die Frage, wie Küchenspezialisten ihren Kunden begegnen sollten – damit die neue Küche nicht allein zur Preisfrage wird. Ihre Überzeugung lautet: Wenn ich mich wirklich auf meinen Kunden einlasse und nicht nur höre was er sagt, sondern verstehe, was er damit meint, ist dies eine große Möglichkeit, eine ­Küche von hoher Qualität entstehen zu lassen.

Warum sollte ich meine Kunden verstehen lernen? Ich will doch nur Küchen verkaufen!
Susanne Krüger: Natürlich kann es sein, dass in meinem Küchenstudio alles super läuft, dass ich Mega­umsätze fahre und ich die für mich besten Kunden habe. Kurz: Dass ich nichts finde, was an meinem Geschäft verbesserungswürdig ist. Wenn das aber nicht der Fall ist und ich mir die Frage stelle, wie es besser laufen könnte, macht es Sinn, etwas intensiver auf meinen Kunden einzugehen. Der Köder sollte schließlich dem Fisch schmecken und nicht dem
Angler.

Wie gehe ich das als Küchenverkäufer ganz praktisch an?
Wir reden über zwei wesentliche Bereiche: 1. Wie gestalte ich eine Küche? 2. Welchen Umgang pflege ich mit meinem Kunden, auf welcher zwischenmenschlichen Ebene begegne ich ihm?
Auch wenn es schon oft gesagt und geschrieben wurde: Die Küche ist der wichtigste und zentralste Raum in unserem Zuhause. Wir richten einen Familien- und Lebensmittelpunkt ein, der über die wertvolle Routine des Familienzusammenseins entscheidet. Wenn ich in diesem Raum als Küchenplaner irgendeinen Quatsch mache, dann ist diese Familie damit künftig täglich konfrontiert. Das hat eine konkrete Wirkung im Leben dieser Familie und prägt zusätzlich die Empfehlungsqualität. Ich habe als Küchenplaner also eine bemerkenswerte Verantwortung, wenn ich mir nachhaltige Zufriedenheit meines Kunden wünsche.
Ich höre bei manchen Begegnungen immer wieder die abenteuerlichsten Küchengeschichten. Und es gibt nichts Schlimmeres für mich und mein gestalterisches Küchenherz, wenn ich mir vorstelle, dass ein Kunde morgens auf nüchternen Magen in eine Küche kommt, die ihm und seiner persönlichen Tagesroutine nicht entspricht.

Im besten Fall findet also tiefes Wohlfühlen statt.
Extrem intim und extrem privat.

Wie erfahre ich, was wichtig für den Kunden ist.
Ich sollte mir bewusst werden, in welchen Raum ich da bei meinem Kunden einsteige. Konkret räumlich betrachtet, aber auch emotional. Ich sollte ein ernstes Interesse daran haben, mich mit dieser Welt, die ich da einrichten darf, zu beschäftigen.
Dann frage ich nämlich nicht nur „Und, wie gehen Sie so einkaufen?“, sondern ich beginne in dieses Leben einzutauchen. Sozusagen auch emotional einen Kontakt aufzunehmen. Ich stelle mir diese Familie real vor, vielleicht mit einer Ehefrau, zwei Kindern, einem Hund und einem Mann, der drei Tage die Woche geschäftlich unterwegs ist. Dann muss mich der Ablauf interessieren: Die Routinen am Morgen, wenn alles zeitlich getaktet ist. Wo ist der Hund, wo sind die Kinder, wenn zum Beispiel die Mutter Frühstück macht? Ich muss dabei sein, wenn ich will, dass sie sich in meiner Planung wiederfindet. Oder wenn – um mal bewusst in der klassischen Rollenverteilung zu bleiben – sie abends das Essen vorbereitet: Wo sitzt der Partner mit seinem Glas Rotwein und erzählt ihr von seinem Tag, während sie den Salat zubereitet? Oder ist das umgekehrt? Haben die beiden einen täglichen Platz für ihr Miteinander?
Oder erkenne ich, wenn ich meinen Kunden solch einen Platz beschreibe, dass sie ein freudiges Glitzern in den Augen bekommen, weil sie so einen Platz nicht haben, aber es großartig fänden, einen zu bekommen? So etwas nenne ich Wunderwirk-Momente. Wenn ich diese Momente als Planerin verpasse, ist eine wertvolle Chance vertan. Sie zu kreieren, ist die Kunst.
Also stelle ich mir die grundlegende Frage: Was führen diese Kunden, die da vor mir sitzen, für ein Leben? Wenn ich respekt- und achtungsvoll mit meinem Gegenüber umgehe und mir der Intimsphäre bewusst bin, die mir da gerade geöffnet wird, entsteht ein komplett anderer Schauplatz. Auf einmal entwickelt sich eine besondere Aufmerksamkeit für den Verkäufer und auch für den Kunden.

Wie könnte das erforscht werden? In einem lebendigen Gespräch oder besser mit einem strukturierten Fragekatalog?
Ein Fragenkatalog ist wie ein Presslufthammer. Er zerstört die Ebene meines Zugangs.

Was wären denn typische Presslufthammerfragen?
Wenn ich zum Beispiel sage: „Ich habe hier eine Checkliste, wollen wir die mal gerade zusammen durchgehen? O.K. Brauchen Sie einen Geschirrspüler?“ Eine unnütze Frage heutzutage. Oder die Frage, ob der Backofen in die 45er- oder 60er-Nische passen sollte. Diese Frage stellt sich in 80% der Fälle nicht. All das ergibt sich aus einem professionellen Kundengespräch ganz selbstverständlich. Aber natürlich nur dann, wenn ich wirklich präsent bin. Wenn ich wach bin. Dieses Interesse ist der Schlüssel zu allem. Die Kunden erkennen unterbewusst, dass ich mit meinen Fragen wirklich sie und ihn meine. Dann werden sie von selbst erzählen wollen, weil sie sich von mir gesehen fühlen. Das ist die Königsdisziplin. Das ist die Beratungsqualität, die unsere Küche braucht.

Es geht also nicht darum, ein psychologisches Profil zu erstellen, sondern im Grunde ganz simpel die Lebensumstände und die Tagesabläufe verstehen zu wollen?
Ja. Und gleichzeitig nicht „ganz so simpel“, denn gutes Zuhören muss gelernt sein. Sich und seinen Kopf soweit zurückzunehmen, dass ich der Welt meines Kunden Raum gebe, braucht Übung. Diese Momente wahrzunehmen, in denen ich wichtige Details heraushören kann, die gemeint, aber nicht klar gesagt wurden. Das sind so wertvolle Wünsche! Wenn mir jemand berichtet: „Im Moment ist es so, dass mal hier jemand frühstückt und dann da, aber ich fände es ja eigentlich schöner, wenn wir alle zusammen frühstücken würden...“. Spätestens dann habe ich als Planerin verstanden, was ich zu tun habe. Wenn ich in meiner Planung an diesem Wunsch anknüpfe und sie damit überrasche, werde ich einen mega Pluspunkt auf exakt dieser Ebene bekommen, die am Ende den Kauf dieser Küche entscheidet. Warum? Weil ich sie gehört habe. Das wäre wieder so ein Wunderwirk-Moment.

Zuhören ist also der entscheidende Schlüssel für ein gelingendes Gespräch?
Zuhören mit Achtung und Respekt vor dem, was man mir erzählt. Und mitbekommen, in was für eine Welt ich da gerade eintauchen darf. Hier ist der heimliche Tiegel der Unverwechselbarkeit, der mich klar aus dem Preiskampf führen kann. Das passiert nicht, wenn eine Checkliste mein ausschließliches Handwerkszeug ist.

Haben Sie einen konkreten Tipp, wie ich als Küchenverkäufer zu diesem Zuhören komme? Es tickt ja jeder anders. Kunde wie Verkäufer.
Das sind genau die Inhalte von KÜCHENGESPÜR®.

Worum handelt es sich dabei?
KÜCHENGESPÜR® ist ein speziell für den Küchenspezialisten entwickeltes Beratungs- und Schulungsangebot. Fokus ist genau diese Qualität von Umgang mit Mensch und Küche.
Es ist für all die Küchenexperten, die Lust haben, noch eine Qualitätsschippe auf ihr Tun aufzulegen, und die immer weniger Lust auf lästige Preisvergleiche haben.
In dieser Philosophie wird der Küchenspezialist zur Hauptperson. Noch vor dem Kunden. Deshalb spreche ich auch von einer Art persönlichen Weiterbildung, denn all das, was KÜCHENGESPÜR® ausmacht, wird automatisch persönlich. Nur dort findet das statt, was wir Empathie und Authentizität nennen. Und das sind die Verkaufsjuwelen im hochwertigen Verkauf unserer heutigen Zeit.
Es gibt Programme für Teams und Einzelpersonen. KÜCHEN­GESPÜR® ist kein 5-Punkte-Programm zum Auswendiglernen, deshalb findet ein Programm mit einer mehrwöchigen Begleitung statt, in denen die Teilnehmer die Möglichkeit haben, für die Fragen und Themen, die sich zeigen, Klärung zu finden. Die Veranstaltungen sind eine Off-Online-Kombination. Persönliche Begegnungen finden nur statt, wenn es nötig ist, dann aber auf jeden Fall. Ansonsten online, also zeitlich flexibel und trotzdem persönlich. Die genaue Gestaltung einer Schulung wird immer auf den Stand der Teilnehmer zugeschnitten. Das ist wichtig.
Geschäftsinhaber oder Personen in Führungspositionen können KÜCHENGESPÜR® wie eine Art kreative Unternehmensberatung nutzen, denn es kann intelligent und sinnvoll eingesetzt werden und den zeitgemäßen Haltungswandel, der auch in unserer Branche ansteht, gesund aktivieren.
Und natürlich wende ich mich mit dieser Weiterbildung auch an die Unternehmen der Industrie und die Verbände. Bei KÜCHENGESPÜR® bekommt die Sensibilität für den Menschen einen besonderen Fokus. Ob Kunde oder Verkäufer. Es geht um die wert(e)volle Beziehungen zwischen Menschen. Um die innere Haltung meinen Kunden gegenüber und welche Wirkungen ich damit erzielen kann.
Denn es spielt auch eine Rolle, wie ich selbst, als Küchenspezialist, diesen Raum Küche erlebe. Wir fangen praktisch ganz vorne an. Sich als Küchenexperte dessen bewusst zu werden, welchen Stellenwert dieser Raum in meinem eigenen Leben für mich hat und wie ich ihn erlebe, ist eine entscheidende Grundlage für den gekonnten Umgang mit meinen Kunden. Und damit auch für meinen Verkaufserfolg. Die persönliche Haltung des Planers bzw. Verkäufers ist der wirkliche Gradmesser für den hochwertigen und erfolgsgeprägten Küchenverkauf.

Auf Ihrer Internetseite lese ich: „Noch nie hatte der Kauf einer Küche so wenig mit Küche zu tun...“. Wie meinen Sie das?
Das bezieht sich genau auf diese Bewusstwerdung der eigenen inneren Haltung. Auf meine Absicht und Fähigkeit, wie ich meinen Kunden und dessen Welt sehen will. Ich möchte das noch etwas frecher interpretieren: Sobald Du anfängst eine Küche zu verkaufen, hast Du schon verloren.

Und wie meinen Sie das jetzt wieder?
Mit „verloren“ meine ich, sobald ich mich in die Vergleichbarkeit begebe, hat mein Kunde keine Möglichkeit, ein unvergleichbares Kriterium an meiner Arbeit zu finden. Küchen gibt es an jeder Straßenecke. Der Kunde MUSS nicht bei mir kaufen, er hat die Wahl.
Wenn ich aber ganz in der besonderen Bedeutung der Küche für die Lebensqualität meiner Kunden ankomme und das Produkt in seiner Gesamtheit in Qualität und Design wertschätze, kann ich ganz bei meinen Kunden ankommen und sie in den Vordergrund stellen. Das ist das, was sich Menschen heutzutage wünschen, wonach sie sich sehnen. Und was sie auch noch immer honorieren, wenn ihnen das erfüllt wird. Was zählt, ist das gute Gefühl. Sicherheit, Stimmigkeit, Vertrauen, das Wohlbefinden und Glaubhaftigkeit. Letzteres hat einen noch immer oft unterschätzten Stellenwert. Und man kann diese Kompetenz zu einer neuen Verkaufsqualität nur vermitteln, wenn man persönlich wird. Das ist KÜCHEN­GESPÜR®.

Sie sprechen einen interessanten Punkt an. Manche Hersteller definieren sich vorwiegend über den Aspekt Produktqualität. Diese wird aber auf höchstem Niveau immer vergleichbarer. Ist das eine Sackgasse?
Es ist auf jeden Fall, sagen wir, eine langweilige und unattraktive Zukunft. Das hat im Grunde die gute Küche und alle, die damit zu tun haben, nicht verdient. Die Herstellerqualitäten sind ganz wunderbar und bestimmt wichtig, aber sie sind vergleichbar geworden und entscheiden nicht den Verkauf. Jedenfalls nicht aus Endkundensicht. Die Verkäuferin hat in der Praxis bei ihren Kunden damit kein wesentliches Zusatz-Argument. Ein Grund mehr, sich auf diese unverwechselbaren Sahnehäubchen zu konzentrieren, die den Kunden ins Rampenlicht stellen und damit einen unwiderstehlichen Sog erzeugen können.

Damit sprechen Sie die Ebene des Handels und der Planung an.
Und doch betrifft dieser Prozess auch die Hersteller. Ein Beispiel: Stellen Sie sich mal vor, ein komplettes Hersteller-Unternehmen, vom obersten Chef bis zum Lagerarbeiter werden sich darüber bewusst, welchen großartig wichtigen Raum sie mit ihrer täglichen Arbeit da eigentlich bestücken. Wie viele Familien sie wohl mit ihrem täglichen Tun glücklich machen können und welche Verantwortung sie dabei haben? Welche hochwertige Kraft entsteht wohl dadurch? Zusätzlich zum besonderen Stolz, der in den Mitarbeitern wachsen kann. Jeder Sachbearbeiter am Telefon, jeder Mitarbeiter in der Produktion, in der Endkontrolle, im Versand, alle sind daran beteiligt, einen ganz besonderen Raum einzurichten. Ein Raum, in dem Menschen glücklich werden können. Oder unglücklich sind. Dann ginge es nicht mehr allein um diese Schränke, Geschirrspüler oder Dunstabzugshauben. Dann geht es darum, für eine Lebensqualität eines lebendigen Familienlebens mit verantwortlich zu sein. In ein solches Szenario hineinzuspüren kann sehr wertvoll sein. Auch wenn der Kopf vielleicht gerade abwinkt.

Was identisch für den Handel gilt?
Ja genau. Und wenn wir uns dann vorstellen, welche Wirkung es hat, wenn diese neue Haltung des Hersteller-Unternehmens im Handel weitergeführt wird. Das ist die hochwertige Qualität der neuen Zeit. Das ist das, wonach der Mensch sich in diesen Zeiten sehnt.

In der Küche geht es viel um DIN-Normen und Passgenauigkeit, um Effizienzwerte und Dezibel-Angaben. Das sind durchweg wichtige Dinge. Und doch sollten wir die Küche nicht zu technisch betrachten? Eher als Lebensgefühl und Wohlfühlort?
All das, worüber wir hier reden, gehört ganz bestimmt in die Rubrik Königsdisziplin. Die Kür nach der Pflicht. Um all das umzusetzen, sollte ich wissen, wie Küche funktioniert. Fachliche Grundlagen in Möbel und Gerät sollten verinnerlicht sein, damit ich frei planen kann. Dies wäre das Pflichtprogramm. Die Kür ist, den Menschen, der vor mir steht, wirklich dort abholen zu können, wo er steht. Ihn etwas „näher“ heran zu zoomen, damit er sich mit meiner Küche identifizieren und sich in ihr wiederfinden kann. Das ist Unvergleichbarkeit, das ist Nische.

Ich möchte gern noch einen Moment bei dieser im Markt doch weit verbreiteten Produkt- und Preisfixierung bleiben. Und dafür die Perspektive wechseln: Wie geht es dem Kunden damit? Er sitzt im Küchenstudio oder im Möbelkaufhaus und ist unter Umständen mit einer Fixierung auf Technik, Produkt und Preis konfrontiert.
Er ist einfach überfordert. Erst kürzlich habe ich das Abenteuer Küchenkauf wieder live im weiteren Freundeskreis miterleben dürfen. Mir wurde in einigen Tagen Abstand immer wieder Bericht erstattet und ich habe gemerkt wie gestresst und vollkommen überfordert diese Kunden sind. Auch wenn sich die Menschen heutzutage intensiv online informieren, suchen sie noch immer den persönlichen Kontakt in einem Studio oder Wohnkaufhaus. Sie brauchen einen Spezialisten, der sie berät, weil sie alleine einfach nicht weiterkommen. Dies sollten wir übrigens als Chance sehen.
Diese konkreten Kunden waren sich schon zu Anfang einig, mehr als nur ein Küchenhaus besuchen zu wollen. Sie erhielten vom ersten Studio ihr Angebot. Nach dem Besuch des zweiten Hauses waren sie völlig konsterniert, weil dort die Küche 7000 Euro teurer war, obwohl sie dort sofort 25% Sondernachlass auf die Möbel und 10% auf die Geräte angeboten bekamen. Dabei hatten die Kunden einen Rabatt noch nicht mal gefordert. Diese Kunden haben sich ziemlich veräppelt gefühlt, um es dezent auszudrücken. Für sie war diese Situation komplett unverständlich, was man verstehen kann. Versetzen sie sich mal selbst in so eine Situation. Wenn Küchenkauf eine Vertrauenssache ist, haben diese Kunden an dieser Stelle ein echtes Problem.
Ich erklärte ihnen natürlich, dass unterschiedliche Angebote in der Regel auch unterschiedliche Preise zur Folge haben. Die zwei Ausführungen waren nicht 100% identisch. Aber wie erklären Sie jemandem einen Nachlass in dieser Höhe? Geschweige denn zu solch einem Zeitpunkt?
Hier möchte ich auch einwerfen, dass ich es überhaupt nicht verstehe, dass sich keiner der Berater scheinbar die Mühe machte, seinem Kunden die Ausführung der Küche nahe zu bringen. Wenn ich meinem Kunden meine Planung erkläre, dann weiß er hinterher sehr genau, wo welcher Schrank ist und vor allem warum. Er will in der Regel doch gedanklich schon einräumen. Hier fängt vertrauenserweckende Beratungsqualität an.

In der Wahrnehmung des ungeschulten Küchenkunden handelte es sich also um vergleichbare Angebote zu völlig unterschiedlichen Preisen. Und die fehlende Transparenz hat sie irritiert und überfordert.
Dazu beigetragen hatte dann auch noch eine Nachfrage bei Studio Nr. 2. Auf die Frage, wie ein derart erheblicher Preisunterschied zustande kommen könne, habe die Verkäuferin geantwortet: „Da wird es sich wohl um mindere Qualität handeln.“ Das ist Wahnsinn, finden sie nicht? Aus Kundensicht: totale Desorientierung und alleine gelassen auf weiter Küchenflur.
Für mich erklärt sich aus diesem Umgang ein Stück weit auch die Entwicklung, dass Kunden immer häufiger per E-Mail an Küchenstudios herantreten mit der Bitte um ein Angebot. Neben der vermeintlichen Zeitersparnis scheint die Vergleichbarkeit in der Welt der Endkunden inzwischen völlig normal zu sein. Sie scheinen keine nennenswerten Unterschiede zu hören oder zu sehen. So wird die neue Küche natürlich zu einer Frage des Preises. Aber ist dafür wirklich der Endkunde verantwortlich? Auch dies ist ein spannendes Thema in KÜCHENGESPÜR®.

Wenn ich Sie richtig verstehe, bemängeln Sie, dass der Preis zu oft zu schnell thematisiert wird. Und das ohne Not und meist in Zusammenhang mit Rabatten.
Der Preis und die Gewährung von Rabatten scheinen tatsächlich total verinnerlicht zu sein. Natürlich geht es irgendwann in jedem Gespräch um den Preis, aber in welcher Höhe und in welcher Argumentation ist doch die Frage. Die Idee, sich als Anbieter unvergleichlich zu machen, damit der Preis eben nicht schon so früh dominiert, ist ausbaufähig.

Was wäre eine mögliche Alternative? Gibt es die überhaupt? Oder ist die Branche kollektiv in einer Art Preis- und Rabatt-Zwangsjacke gefesselt? Also in einer Situation, die zwar niemand will, von der aber auch niemand weiß, wie sie vermieden werden kann.
Diese Alternative gibt es, unbedingt. Damit wären wir wieder am Anfang unseres Gesprächs. Als Küchenplaner muss ich mich entscheiden, was ich will. Ja, es geht um die eigene Entscheidung, auf welche Art ich Küchen machen möchte und auf welche nicht. Wenn mein Geschäft gut läuft und ich trotz Preis- und Rabattpolitik zufrieden bin, gibt es vielleicht keinen Grund, etwas daran zu ändern. Sobald es mir gegen den Strich geht und ich mir vielleicht einfach mehr wert bin, als dass meine Arbeit ständig nur über Preise und Zahlen definiert wird, ist eine Erweiterung der Verkaufsqualität das einzig Sinnvolle.
Und wir wissen ja, dass wir erfolgreich und zufrieden auf Dauer nur dann sind, wenn wir uns für das, was wir tun, wirklich begeistern und Freude daran haben. In diesen Zeiten von „schneller, höher, weiter“ erst recht.
Dann wollen wir unserem Kunden gerne das Beste geben. Unsere Kunden merken sehr schnell, wenn wir es nicht ernst meinen, wenn wir nur mit halbem Herz bei der Sache sind. Wenn sie als eine Kommission angesehen werden und nicht als eine Familie, die sich eine räumliche Mitte in ihrem Alltag wünscht.

KÜCHENGESPÜR® ist also ein Angebot für alle, die etwas ändern wollen. In ihrem Selbstverständnis in der Beziehung zu ihren Kunden und in der Art und Weise, wie sie ihre Tätigkeit ausüben.
Ja. Es wendet sich an alle, die sich an Inhalt, Haltung und Qualität orientieren wollen. Und die ein Gefühl für den Sinn in ihrer Tätigkeit spüren wollen. Das Angebot richtet sich auch an die Spezialisten, die wie beschrieben mit ihrer Preispolitik gut zurechtkommen, aber vielleicht den Eindruck haben, ihren Erfolg dennoch weiter steigern zu können.

Das Gespräch führte Dirk Biermann


Wohnfühlerin mit Küchengespür
Mit dem Beratungsangebot WOHNFÜHLERIN® steht ­Susanne Krüger seit über 30 Jahren bei ihren Kunden für beherzte und achtsame Küchen- & Wohnkultur. Schon seit 1987 ist sie privat wie beruflich in der Welt der guten Küche beheimatet. Nun hat sie mit der neu entwickelten Dienstleistung KÜCHENGESPÜR® eine für den Küchenfachhandel spezielle Weiterbildung entwickelt. Ihr Ansatz stellt konsequent die Qualität Mensch in den Vordergrund und fokussiert sich auf eine selbstbewusste, zeitgemäße und wertige Verkaufsphilosophie. Für Handels- und Industrieunternehmen bietet Susanne Krüger unter dem Label KÜCHENGESPÜR® individuell abgestimmte Seminare und Vorträge sowie für Einzelpersonen begleitende Einzelcoaching.