12.04.2024

Resilienz unter Beweis gestellt

Für internationale Konzerne ist Umsatz eine absolute Zahl und in der Einordnung eine Sache der Betrachtung. So sank der Umsatz der BSH im vergangenen Jahr um 7%, bereinigt um Wechselkurseffekte erreichte er jedoch das Niveau des Vorjahres. Absolut sind es 14,8 Mrd. Euro.

Der BSH-Vorstand auf der Bilanzpressekonferenz in München. Foto: Bildschirmfoto Livestream

Auch Europas führender Hausgerätehersteller BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH bringt das Geschäftsjahr 2023 auf einen wohlbekannten Nenner: „Es war herausfordernd“. Geopolitische Krisen, eine weltweit angespannte Wirtschaftslage und ein damit einhergehend stagnierender globaler Hausgerätemarkt stellten schwierige Rahmenbedingungen dar. Während die BSH in den Vorjahren noch von einer pandemiebedingten Sonderkonjunktur im Konsumgütergeschäft profitieren konnte, sorgten hohe Inflationsraten, massiv gestiegene Zinsen und der daraus resultierende weltweite Einbruch der Immobilienmärkte 2023 für ein deutlich gedämpftes Konsumklima. „Die anhaltenden weltwirtschaftlichen und geopolitischen Krisen haben die Rahmenbedingungen für die gesamte Hausgerätebranche nachhaltig verändert. Um die Wettbewerbsfähigkeit der BSH weiter zu stärken und die dafür nötigen Investitionen zu finanzieren, ist es erforderlich, die Kostensituation im Fokus zu halten und auch die zugehörige Personalplanung vorausschauend auf die Zukunft auszurichten“, erklärt CEO Matthias Metz bei der Bilanzpressekonferenz des Hausgerätekonzerns in München. Er sagte auch: „In einem herausfordernden Umfeld hat die BSH ihre Resilienz einmal mehr unter Beweis gestellt und sich insgesamt deutlich besser entwickelt als der Markt. Das verdanken wir vor allem dem engagierten Einsatz unserer weltweit rund 60.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“

Ein großer Unterschied
Womit Matthias Merz ein sensibles Thema ansprach: die Personalsituation. Anfang des Jahres hatte das Unternehmen angekündigt, rund 3.800 Stellen auf Basis der Zahlen von 2022 streichen zu wollen. Im Rahmen der Pressekonferenz nannte Metz die Reduktion auf 58.000 bis zum Jahr 2027. „3.500 Stellen streichen oder 3.500 Stellen nicht besetzen ist ein großer Unterschied“, konkretisierte Metz die genannten Zahlen. Und er betonte, dass die Umsetzung weltweit erfolge („es ist kein Deutschland-Thema“) und die Werke ausspare („es geht um die Verwaltung und geschäftsunterstützende Bereich“). „Wir müssen den Personalbestand vorausschauend anpassen, um auch kurzfristig reagieren zu können, wenn die Nachfrage wieder anzieht“, erläuterte der Vorstandsvorsitzende. Dabei hatte er auch das Instrument Kurzarbeit im Sinn. Es sei ein Segen, dass es dieses Instrument in Deutschland gibt, sagte Metz. Damit könne kurzfristig auf Nachfrageschwankungen reagiert werden. Die BSH setze es aber nur temporär ein, unterstrich er gleichzeitig.

Deutlicher Rückgang des Küchenabsatzes
Der Rückgang der Haus- und Wohnungskäufe im vergangenen Jahr führte zu einer deutlichen Reduktion des Küchenabsatzes und damit zu einer insgesamt geringeren Nachfrage nach Hausgeräten, insbesondere im Einbausegment. Besonders deutlich wird dies im Bereich Kochen, also bei Öfen und Kochfeldern, sowie im Bereich Kühlen und Geschirrspülen. Positiv entwickelten sich hingegen der Bereich Wäschepflege und des Kundendienstes. Consumer Products, der Bereich der kleinen Hausgeräte, verzeichnete einen Umsatzrückgang von 7,2%. Dieser sei aber auch auf hochwasserbedingte Fertigungsunterbrechungen in Produktionsstätten in Slowenien und Spanien zurückzuführen. Mittlerweile sei die BSH wieder voll lieferfähig.

Regionen im Detail
Die Region Nordamerika (USA/Kanada) verzeichnete trotz stabiler Marktanteile einen Umsatzrückgang von minus 11,3%, im Wesentlichen bedingt durch eine sehr schwache Nachfrage und ein sehr wettbewerbsintensives Umfeld.
Einen deutlichen Umsatzrückgang von minus 10,5% erlebte auch die Region Greater China – vor allem aufgrund negativer Währungseffekte und der Abschwächung der chinesischen Wirtschaft. Die BSH ist nach wie vor der größte nicht-chinesische Hausgerätehersteller in China, steht jedoch in einem harten Preiswettbewerb mit den asiatischen Anbietern.
Verstärkt durch den Einbruch der Immobilienmärkte und die damit verbundenen Auswirkungen auf das wichtige Einbaugeschäft, ging die Zahl der verkauften Hausgeräte auch in der Region Europa zurück. Höhere Durchschnittserlöse konnten den Umsatzrückgang auf ein Minus von 6,3% beschränken. Trotz der rückläufigen Entwicklung, insbesondere im Heimatmarkt Deutschland, gab es auch positive Ergebnisse: So erzielte die BSH Umsatzzuwächse etwa in Südeuropa.
In der Region Emerging Markets, die unter anderem Osteuropa, den Mittleren Osten und den afrikanischen Kontinent umfasst, fiel der Umsatzrückgang mit einem Minus von 2,2% vergleichsweise geringer aus. Ohne Berücksichtigung der vollständig vollzogenen Aufgabe des Russlandgeschäfts, das bis 2021 gut 500 Mio. Euro umfasste, konnte die BSH insbesondere durch die positive Entwicklung in der Türkei ein leichtes Umsatzwachstum verzeichnen.

„Wir wollen weiter wachsen“
Der Anspruch der BSH ist klar formuliert. „Wir wollen mit herausragenden Marken und leistungsstarken, innovativen und langlebigen Produkten unsere Konsumenten begeistern und darüber gleichzeitig zum Erfolg unserer Kunden und Handelspartner beitragen“, betont Matthias Metz. „Dafür verfolgen wir einen strategischen Zukunftsfahrplan: Wir wollen in allen BSH-Regionen weiterhin erfolgreich wachsen und bauen dafür unsere Präsenz in den lokalen Märkten weiter aus. Neben der Entwicklung marktspezifischer Produktinnovationen haben wir beispielsweise in der Türkei in ein neues Service- und Logistik-Zentrum sowie in eine neue Herdfabrik in Ägypten für den afrikanischen Markt investiert. In unserer neuen Fabrik in Mexiko laufen ab Mitte des Jahres die ersten Kühlgeräte für den nordamerikanischen Markt vom Band. Mit unseren neuen Erlebnis- und Design-Zentren in verschiedenen Städten Nordamerikas ermöglichen wir Konsumenten einen breiten Eindruck von unseren Marken und Produkten und unterstützen aktiv unsere Kunden und Partner, wie zum Beispiel Bauträger, Designer und Architekten. Auch ein umfassendes Konzept für die erfolgreiche Vermarktung unseres Objektgeschäfts in anderen Weltregionen sei beispielhaft genannt.“

Rekordausgaben für Forschung und Entwicklung
„Dank vorausschauender Planung steht die BSH auch in diesen herausfordernden Zeiten auf einem soliden wirtschaftlichen Fundament und kann auch weiterhin gezielt in ihre Zukunft investieren“, heißt es in der Selbsteinschätzung der BSH. Was sich in Investitionen im vergangenen Jahr in Höhe von 600 Mio. Euro ausdrückt. Das sind rund vier Prozent des Umsatzes. „Mit einer Rekordsumme von rund 850 Millionen Euro investieren wir zudem so viel in Forschung und Entwicklung wie nie zuvor. Damit schaffen wir die Basis zur Erreichung unserer ehrgeizigen Wachstumsziele als einer der weltweit führenden Hausgerätehersteller”, sagt CFO Gerhard Dambach.

Produktion und Produkt
Investiert wird auch weiter in das Thema Nachhaltigkeit: Über 10 Millionen Euro flossen allein im vergangenen Jahr in Energieeffizienzmaßnahmen. In Summe waren es mehr als 270 Einzelmaßnahmen. Damit konnten rund 35 Gigawattstunden Energie in der Produktion eingespart. Im deutschen Kühlgerätewerk in Giengen wurde beispielsweise eine Wärmerückgewinnungsanlage installiert, in China die größte Photovoltaikanlage der gesamten Bosch-Gruppe errichtet.
Bereits in der Entwicklung und Produktion spielt der Einsatz möglichst umweltfreundlicher Materialien eine wichtige Rolle: Seit September 2023 kommt am Standort Dillingen in Deutschland bei der Fertigung von Geschirrspülern teilweise Edelstahl zum Einsatz, der einen bis zu 47 Prozent geringeren CO2-Fußabdruck als herkömmlicher Edelstahl hat.  Dieser wird europaweit in Geschirrspülern der Energieeffizienzklassen A und B eingesetzt.
Darüber hinaus setzt die BSH auf Qualität und Langlebigkeit. Um den Einsatz von Reparaturen als nachhaltigere Alternative zum Austausch zu stärken, hat die BSH im vergangenen Jahr die Ersatzteilverfügbarkeit für Großgeräte auf bis zu 15 Jahre, für Kleingeräte auf bis zu 10 Jahre verlängert.  Für die meisten Konsumenten ist dabei die tatsächliche Ersatzteilverfügbarkeit vom Tag des Kaufes gerechnet sogar deutlich länger. Damit übertrifft der Hausgerätehersteller bei Großgeräten die gesetzlichen Anforderungen in der EU und auch die meisten Wettbewerber deutlich.

Ausblick auf das Geschäftsjahr 2024
Das vergangene Jahr war herausfordernd, gleichwohl blickt die BSH optimistisch in die Zukunft. „Unser Unternehmen ist seit über 55 Jahren erfolgreich und im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld robust aufgestellt – mit einem klaren Zukunftsfahrplan, herausragenden Marken, überzeugenden Innovationen und einem starken Team”, betont Matthias Metz. „Auch 2024 wollen wir den Markt aktiv gestalten, Konsumenten begeistern und Kunden in ihrem Erfolg unterstützen und in der Folge in allen Regionen profitabel wachsen“.

www.bshg.com